Auf dem Grundstück an der Ecke der Straßen Legionářů und Fritzova entstanden Anfang des zweiten Jahrzehnts des 20. Jahrhunderts zwei Bauwerke, eine Villa und ein Wirtschaftsgebäude, beide nach dem Projekt des Iglauer Architekten und Baumeisters Vincenz Zeizinger. Das Projekt der Villa trägt das Datum August 1910, die Pläne für das angrenzende Wirtschaftsgebäude wurden im selben und im darauf folgenden Monat erstellt. Beide Projekte wurden bei Zeizinger von der Iglauer Firma Ahron Grünfeld & Söhne bestellt, doch bevor die Gebäude fertig gestellt wurden, kaufte den Rohbau ein anderer Iglauer Unternehmer Richard Pokorný. Schließlich wurde die Villa von der Familie Pokorný bewohnt und das Projekt des Wirtschaftsgebäudes wurde auf der Grundlage des Entwurfs von Arthur Corazza so geändert, dass hier die Buchdruckerei betrieben werden konnte, die Richard Pokorný dorthin verlegte.
Beim Entwerfen der zweistöckigen, unterkellerten Villa ließ sich Vincenz Zeizinger vermutlich von den damals in Mode gekommenen traditionalistischen Villen im englischen Stil inspirieren. Das Haus hat hohe Mansarddächer, eine gegliederte Silhouette und einen mit Steinen verkleideten Sockel. Die Fassade ist mit subtilen dekorativen Elementen wie Fensterbretter, Gesimsen über den Fenstern oder einem Wellenmotiv im Putz zwischen dem Erdgeschoss und dem oberen Stockwerk verziert. In die Nordfassade ist ein Treppenhaus eingeschrieben, das durch große Fenster erhellt wird und sich untypischerweise am Rand der Disposition befindet. Das Treppenhaus führt zu den Wohnräumen im Hochparterre und im ersten Stockwerk. Zeizinger entwarf das ursprünglich als Getreidespeicher und Stallungen gedachte Wirtschaftsgebäude als zweistöckiges, durch große Fenster gegliedertes Gebäude mit L-förmigem Grundriss. Obwohl es sich um ein Wirtschaftsgebäude handelte, war die Fassade nicht völlig streng – die Giebel waren mit einem Fachwerkmotiv verziert und auf dem First des östlichen Flügels setzte der Architekt ein Türmchen auf. Vergleicht man die Pläne und die zeitgenössischen Fotos, so wird deutlich, dass das Äußere des Gebäudes nach seiner Fertigstellung sehr stark dem Entwurf von Zeizinger entsprach. Corazza entwarf einige Änderungen im Inneren des Gebäudes, darunter eine Treppe zum ersten Stockwerk, und fügte in einem kleinen Anbau in der Ecke des Gebäudes die Sanitäreinrichtung hinzu.
Das Werk für die Druck- und Papierindustrie von Pokorný hatte eine lange Tradition. Die Familie Pokorný eröffnete 1890 die erste Druckerei in Iglau. Sie konzentrierte sich auf Buchdruck, Lithografie, Stahldruck und Kartondruck. Diesen einzelnen Betrieben widmeten sich auch separate Produktionslinien, die sich auf zwei Etagen des von Corazza angepassten Gebäudes befanden.
Die Villa sowie die Buchdruckerei wurden 1912 fertiggestellt und im selben Jahr ließ Richard Pokorný einen Steinzaun vor der Villa errichten. Dieser wurde 1929 gleichzeitig mit dem Bau einer neuen Garage am Gebäude der Druckerei umgebaut. Die Leitung des Unternehmens übernahm nach Richard Pokorný sein Sohn Jindřich und somit betrieb hier die jüdische Familie Pokorný die Buchdruckerei bis 1940, als ihr gesamtes Eigentum auf der Grundlage der antijüdischen Gesetze der Nazis beschlagnahmt wurde. Richard Pokorný starb 1942 in Theresienstadt, Jindřich konnte den Krieg dank seiner frühen Emigration überleben. Kurz nach Februar 1948 wurde die Druckerei jedoch verstaatlicht und zwei Jahre später stellte sie ihren Betrieb ein. Das Gebäude wurde an das nahe gelegene Krankenhaus angegliedert und in den Jahren 1950–1955 nach den Plänen von Cesar Grimmich von Stavoprojekt Jihlava in eine neue Kinderstation umgebaut. Im Rahmen dieses Umbaus wurde die ehemalige Druckerei um ein Stockwerk aufgestockt, um mehr Räume zu schaffen. Die ehemaligen Produktionshallen wurden in kleinere Räume, Sanitärräume, Büros und Praxen aufgeteilt. Das Haus erhielt eine einheitliche Fassade ohne jegliche dekorative Elemente.
Die letzte bedeutende Änderung der Funktion des Gebäudes fand in den 90-er Jahren statt. In den Jahren 1997 bis 1999 wurde es nach dem Projekt des Architekten František Laub für den Betrieb des staatlichen Bezirksarchivs umgebaut, das aus dem ungeeigneten Gebäude des ehemaligen lateinischen Gymnasiums in der Straße Hluboká hierher umzog. Das Archiv befindet sich im Gebäude der ehemaligen Druckerei bis heute. In der benachbarten Villa befinden sich Wohnungen und Büros.
TŠ




















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Name
Villa und Druckerei von Richard Pokorný -
Adresse
Legionářů 1469/11, Fritzova 4800/19, Iglau -
Datierung
P 1910–1911, R 1910–1912 -
Autoren
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Route
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Kode
67C -
GPS
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Typ
Villa, Einfamilienhaus, Technikgebäude -
Denkmalschutz
Schutzzone des Denkmalschutzgebietes der Stadt Iglau
Literatura:
Ladislav Vilímek, Stará a nová archivní budova, Jihlavská archivní ročenka I, 1999, s. 117–118.
Ladislav Vilímek, Fritzova 19 či třída Legionářů 11, in: idem, I domy umírají vstoje V, Jihlava 2019, s. 54–55.
Ostatní zdroje:
Státní okresní archiv Jihlava, Stavební archiv, čp. 1469.
Richard Pokorný, https://www.geni.com/people/Richard-Pokorny/6000000017993957363, vyhledáno 22. 11. 2022.