Villa von Vítězslav und Anna Horn

 
Vítězslav Horn kam Anfang der 20-er Jahre als junger Arzt aus Brünn nach Iglau, um die Leitung der chirurgischen Abteilung des Krankenhauses in Iglau zu übernehmen. Von Anfang an war er an den Aktivitäten der Turnbewegung Sokol und anderen gesellschaftlichen Aktivitäten des tschechischen Lebens in der Stadt aktiv beteiligt. Seine Frau war Anna, die Enkelin des Fabrikanten aus Helenín und Philanthropen Karl Löw. Das Haus bewohnte das Ehepaar zusammen mit seinen beiden Söhnen. Der ältere Sohn Vítězslav, der ebenfalls Arzt wurde, verfasste seine Memoiren, in denen er auch das Leben in der Vorkriegszeit im Haus und in Iglau beschreibt. Kurz nach seiner Ankunft in Iglau wurde MUDr. Horn Direktor des Krankenhauses und war maßgeblich an der Entwicklung des gesamten Geländes beteiligt. Nach dem Tod von Karl Löw war er auch Vorsitzender des Verwaltungsrats des Unternehmens in Helenín. Für seine grandiosen Pläne zog er Architekten aus Brünn und Prag hinzu, darunter Bohuslav Fuchs und Karel Roštík. Für die Inneneinrichtung des chirurgischen Pavillons ging er eine Zusammenarbeit mit dem Brünner Architekten Bohumír F. A. Čermák ein, einem Schüler von Professor Otto Wagner aus der Wiener Akademie, dem er auch den Entwurf für sein eigenes Haus anvertraute. Die Villa der Familie Horn wurde an einem relativ abgelegenen Ende der Stadt entlang der Straße nach Humpolec, an einem sanften Hang bei der Straße Jiráskova errichtet. Die Bauarbeiten wurden von dem Iglauer Baumeister Heinrich Knorr durchgeführt.

Der Architekt situierte das viergeschossige Haus in der Mitte des Gartens, in dem sich neben dem Haus bis heute eine gemauert überdachte Pergola befindet, an die ein kleineres halbkeisförmiges Schwimmbecken und ein Sandtennisplatz anschlossen. Die Eingangsfassade reicht weit von der Straßenlinie in den Garten hinein. Die Eingangstreppenhalle war mit dem Hauptwohnzimmer, Esszimmer und einem großen Arbeitszimmer mit Bibliothek im Erdgeschoss verbunden, aus denen ein direkter Zugang auf die Terrasse im Garten führte. Im östlichen Teil des Erdgeschosses befanden sich die Küche, die Speisekammer und ein kleines Zimmer für das Dienstmädchen. Im Stockwerk befanden sich die Schlafräume der Eltern und Kinder sowie Gästezimmer mit separaten Badezimmern mit Marmorfliesen. Von der Vorliebe der Besitzer für Automobile verriet eine Doppelgarage im Untergeschoss. Im Untergeschoss befand sich auch eine Hausmeisterwohnung, die Waschküche blieb standardmäßig im Dachgeschoss im versetzten oberen Stockwerk. Das Haus verfügte über einen breiten Lüftungsschacht an den Außenmauern und ein kleines Gewächshaus, das in Kriegszeiten als Lebensmittellager diente. In seiner Disposition wirkt das Haus etwas unübersichtlich und komplex. Der Sohn von Vítězslav Horn beurteilte die Funktionen des Hauses sogar recht kritisch:Das Haus bot einfach nicht viel Privatsphäre (...), und es war zudem sowohl personell als auch finanziell schwer zu unterhalten.“Trotz dieser Kritik kann man jedoch ein harmonisch ausgewogenes Gebäude in Bezug auf Masse und Stil sehen, das auf klassischer Symmetrie basiert, jedoch mit einer puristisch strengen Anordnung der Fassaden.

Für seinen tschechischen Patriotismus wurde MUDr. Horn im September 1939 von der Gestapo abgeholt und anschließend sechs Jahre lang inhaftiert, die längste Zeit im Konzentrationslager Buchenwald. Anna Hornová und ihre Kinder überstanden die gesamte Kriegszeit in der Villa, wobei sie einen Teil des Hauses deutschen Mietern zur Verfügung stellen musste. Ihr Mann Vítězslav überlebte den Krieg in den Konzentrationslagern und war einer von denen, die bei den Nürnberger Prozessen aussagten. Im Jahr 1949 wurde MUDr. Horn jedoch erneut von seinem Posten des Direktors des Krankenhauses in Iglau abgesetzt. Diesmal von den Kommunisten. Im Jahr 1953 wurde den Horns sogar verboten, sich in Iglau aufzuhalten und die Familie zog eiligst nach Brünn. Ihr Eigentum wurde beschlagnahmt. In den Jahren 1960–1961 wurde die Villa zu einer Tageskrippe mit einer Kapazität für fünfzig Kinder umgebaut. Nach 1989 wurde das Vermögen an die ursprünglichen Eigentümer zurückgegeben, die das Haus verkauften, und die neuen Eigentümer nahmen eine sensible Renovierung des gesamtes Gebäudes in den 90-er Jahren vor. Derzeit hat in der Villa die Firma KESAT ihren Sitz.

JL
Literatur und sonstige Quellen 

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