Villa von Richard Inderka

   

Das Haus mit einer bebauten Fläche von 200 Quadratmetern befindet sich in einem zehnmal größeren, abfallenden Garten. Der Garten wird im Norden und teilweise im Westen von einer öffentlichen Straße, im Südwesten und Süden von einem Sportplatz und einem Schulhof und im Osten von einem Garten mit einem Wohnhaus begrenzt.

Das Gebäude befindet sich in einer Ecklage der Straße Fibichova und einer für die Versorgung bestimmten Sackgasse, der ehemaligen Straße Telečská. Das Gebiet hinter den Stadtmauern hat sich in der Vergangenheit stark verändert. Der ehemalige Vorort Panenské předměstí wurde 1510 westlich des Stadtkerns gegründet. Im 17. Jahrhundert, während des Dreißigjährigen Krieges, wurden alle Vorstädte in Iglau durch wiederholte Belagerungen zerstört. Zu dieser Zeit wurde Iglau mit einer vorgeschobenen Stadtbefestigung umgeben. Nach der Aufhebung der Befestigung im Jahr 1755 wurde das Gebiet nach und nach bebaut. Die Straße Fibichova wurde am äußeren Rand der verschwindenden Befestigung angelegt. Zunächst trug sie den bezeichnenden Namen Frauengraben, später Höckgasse und anschließend bis in die 30er Jahre des 20. Jahrhunderts wieder Příkopy (Graben). Die primäre Bebauung aus der Zeit um 1800, die auf älteren Veduten festgehalten ist, ist auf der gegenüberliegenden Straßenseite erhalten geblieben. Die ursprüngliche Strecke an dem Ort war die Straße Telečská, die zusammen mit der heutigen Straße Fibichova eine trapezförmige Fläche mit ausgedehnten Gärten bildete. Die bestehende Fläche des Gartens der Villa von Inderka wurde kurz vor dem Bau im Jahr 1924 von einem größeren Ganzen abgegrenzt. Die Umgebung veränderte sich vor allem in den späten 60er Jahren des 20. Jahrhunderts im Zusammenhang mit dem Bau des innerstädtischen Rings und dem Durchbruch der Straße Hradební, dem Abriss der Häuser in der Straße Telečská und dem Bau der Grundschule (ab 1972) und des Eckgebäudes Globus (1968–1974). Der Bereich der Kreuzung der Straßen Žižkova, Fibichova und Seifertova trug früher den Namen sv. Jana.

Der rechteckige Grundriss der Villa von Inderka wird auf der Süd- und Nordseite durch Risaliten und auf der Südseite durch eine Garage und eine Terrasse erweitert. Die Villa hat vier Stockwerke, die in der Ansicht von verschiedenen Seiten unterschiedlich hoch und nur zum Garten hin in vollständiger Höhe zu sehen sind. In der Ansicht vom Inneren verstärkt eine breite Terrasse den Ausdruck des Erdgeschosses. Das Geschoss in der Ansicht von der Straße und vom Garten aus ist durch den Dachüberstand verdeckt. Die Masse des Hauses schließt ein erweitertes, kielförmiges Dach mit Walmen ab. Das Dachgeschoss wird von der West- und Ostseite durch Dachfenster in Form eines Ochsenauges belichtet. Der Haupteingang wird durch einen Risalit akzentuiert, der über das abgesenkte Dachniveau hervortritt. Das Motiv des hervortretenden Risalits wiederholt sich auch auf der gegenüberliegenden Seite des Hauses. Die westliche Vorderfront bereichert ein segmentförmiger Erker. Das Dach ist mit Biberschwanzziegeln gedeckt. Die Villa hat einen verputzten Mantel; die plastische Verzierung beschränkt sich auf ein niedriges Relief um die Fenster herum und vor allem auf der Ebene der Gesimse unter dem Dach. Eine größere Verwendung findet sie in Form von Eckpilastern, von denen das hoch gewölbte Dach imaginär getragen wird. Die westliche Vorderfront schließt eine flache Nische ab.

Der Zugang zum Haus erfolgt über eine halbrunde, sich nach außen hin öffnende Doppelflügeltür mit verglasten Kassetten, die durch ein entwickeltes Gitterwerk geschützt ist. Den Eingangsbereich schützt ein gebrochen abgeschlossenes kleines Dach mit dekorativen Metallkonsolen. Das geräumige sechsflügelige Fenster über dem Eingang ist innen mit einem Mosaik verziert. Alle ursprünglichen Fenster des Gebäudes sind Leibungsfenster. Sie werden meist durch einen dekorativen Querbalken und typische Sprossen auf kleinere Tafel geteilt. Die Tür zur Terrasse über der Garage stammt wahrscheinlich aus dem Jahr 1932 und hat eine atypische Schrankkonstruktion.

Die Villa ist gemauert, gebaut aus klassischen Ziegeln, die wahrscheinlich durch die damals modernen Hohlwände des Systems Eckert ergänzt wurden. Die Decke über dem Keller ist aus Beton, die restlichen aus Holz. Der Dachstuhl hat eine Lamellenkonstruktion aus Holz des Typs Zollbau.

Der zentrale Raum des Hauses bildet eine Treppenhalle, die durch die Haupttür zugänglich ist. Die Treppe ist dreiarmig, aus Holz und hat ein dekoratives Geländer mit geschnitzten Pfosten. Der Treppenbereich ist auf dem Niveau der Brüstung mit einer Holztäfelung versehen, die Treppe ist mit PVC belegt. Die Treppe wird durch ein großes Fenster mit einem farbigen, in Bleileisten eingefassten Mosaik erhellt. Von der Halle aus können wir auf die rechte Seite zu den ehemaligen Wohnräumen weitergehen – dem Herrenzimmer, dem Salon und direkt in den größten Raum des ehemaligen Esszimmers. Auf der linken Seite ist die Halle mit dem Zimmer des Dienstmädchens, die Küche und die Speisekammer verbunden. Der Projektant platzierte neben dem Treppenhaus eine Toilette. Im Obergeschoss befinden sich auf der rechten Seite die Kinderzimmer, in der Mitte und links beim Garten das Schlafzimmer, ganz links das Gästezimmer. Im Keller war ein Raum mit einer Küche, ein Kesselraum und eine Plätterei. Im Haus sind bis heute die ursprünglichen Oberflächen und Füllungen erhalten geblieben. Es handelt sich um Parkettböden und Türen mit Rahmenkonstruktion mit einem typischen dekorativen Detail an den Rändern der Kassetten. Die Klinken mit Beschriftung sind modern, die Fenster sind ursprünglich aus den 20er Jahren, mit Ausnahme der Fenster mit Türen auf die Terrassen. Auch die Beschläge und Klinken sind ursprünglich. Von den Einrichtungsgegenständen ist aufgrund von Nutzungsänderungen nicht viel erhalten geblieben. Der Dachboden ist durch eine Brandschutztür aus Metall zugänglich, der Lamellendachstuhl ist original. Die Garage und der Raum in der südöstlichen Ecke wurden an die Villa nachträglich angebaut. In der Vergangenheit dominierte im Garten ein zentrales Rondell mit einem Blumenbeet, das zum Jahr 1947 entfernt wurde.

Das Familienhaus an der Adresse Höckgasse (Příkopy) 2 ließ sich der Iglauer Apotheker Dr. PhMr. Richard Inderka in den Jahren 1925–1926 nach den Plänen des Iglauer Baumeisters Emanuel Lang für sich, seine Frau Margareta und die Kinder bauen. Inderka (geb. 1881) war der Sohn des Apothekers und Bürgermeisters von Iglau (1904–1918) Vinzenz Inderka. Der Verlauf der Baulinie wurde im Dezember 1924 von der Baubehörde bestätigt. Aus der gleichen Zeit stammen auch die ersten offiziell genehmigten Entwürfe des Hauses. Wahrscheinlich irrtümlich hat der Projektant sie mit dem Jahr 1925 datiert. Der ursprüngliche Entwurf sah ein hohes Walmdach vor. Im Mai 1925 beurteilte die Baubehörde die endgültige Zeichnung mit Änderungen. Die Wahl der ungewöhnlichen Lamellenkonstruktion, die von der Wiener Firma Oikos geliefert wurde, erfolgte zeitgleich mit dem Baubeginn. Es handelte sich um einen lizenzierten Anbieter des von dem Ingenieur Fritz Zollinger in Merseburg in Deutschland entwickelten Dachstuhl des Typs Zollbau. In Iglau wurde er noch einmal zwei Jahre später beim Bau eines Getreidesilos in der Straße Chlumova verwendet. Ansonsten kommt er sporadisch vor, vor allem in der damaligen deutschsprachigen Umgebung des Sudetenlandes, aber auch in Prag oder Brünn. Die Ungewöhnlichkeit der Konstruktion belegt eine Bescheinigung der Baubehörde, in der empfohlen wird, den einheimischen Arbeitern diese „besonderen Arbeiten (...) beizubringen, da die hiesige Zimmerer für diese Arbeiten nicht ausgebildet sind“, aber auch eine separate Zeichnung mit einer statischen Berechnung.

Eine technische Merkwürdigkeit, die sich erst in den endgültigen Plänen zeigte, stellte auch die Art der Mauerung dar, die zu einer Verengung der vorgesehenen Mauern um sieben Zentimeter führte. Nach dem gewählten Eckert-System wurde das Mauerwerk mit Hohlräumen ausgeführt. Dadurch sollte unter Beibehaltung der Dämmeigenschaften Material eingespart werden. Dieses System wurde in Deutschland entwickelt und von einer Ingenieurfirma in Opava lizenziert. Die Umsetzung sollte darüber hinaus den Ausbau von Bürgersteigen und Zaunmauern, einer niedrigeren Mauer mit Pfosten und Verflechtung in die Straße Fibichova und einer kompletten Mauerkonstruktion in der Straße Telečská umfassen. Die Mauer und die Bürgersteige wurden nur bis zur Straße Fibichova umgesetzt. Die Bauabnahme des Hauses erfolgte im Juni 1926.

Im Jahr 1932 kaufte das Haus von seinem ursprünglichen Besitzer der Iglauer Fabrikant Hans Seidner (geb. 1900), der aus der Familie des jüdischen Geschäftsmannes Emil Seidner, des Gründers der erfolgreichen Textilfabrik Emil Seidner a spol. stammte. Bereits im Jahr 1932 beschloss er, am Haus bauliche Veränderungen vorzunehmen. Er beauftragte Heinrich Koutný, den Iglauer städtischen Maurermeister, mit dem Projekt. Nach den vorgelegten Plänen beabsichtigte Seidner, eine neue Garage mit der Zufahrt von der Straße Telečská aus zu errichten, deren Dach als Terrasse zu nutzen und auch den ehemaligen Salon daran anzupassen, dessen Fläche auf Kosten des ehemaligen Herrenzimmers durch den Abbau der Mitteltrennwand erweitert werden sollte. Bei der Veränderung des neuen Eingangs sollte auch der Bürgersteig und die Zaunmauer fertiggestellt werden. In Anbetracht des heutigen Zustands ist nicht ganz klar, inwieweit die Terrasse zum Jahr 1933 ausgebaut worden war. Im Jahr 1937 berichtet Seidner, die mangelhafte Terrasse repariert zu haben. Es gelang ihm nicht, die Zaunmauer bis 1938 fertig zu stellen, da er der damaligen Baubehörde ein Projekt für deren Neuerrichtung vorlegte. Am 31. 3. 1938 meldete die Familie ihren Wohnsitz im Haus ab und zog nach Brünn, von wo aus sie bald nach England und nach 1948 in die USA emigrierte.

Im Jahr 1951 führte das Bauunternehmen Stavební podniky der Kreisstadt Jihlava die Reparatur der damals noch gemauerten Zaunmauer durch und baute ein Einfahrtstor von der Straße Telečská aus. In den Jahren 1965 bis 1966 erfolgte in der Regie des Säuglingsheims die Reparatur der Wohnung im Kellergeschoss für die Heizer und die Wohnung wurde unter die bestehende Terrasse erweitert. Der direkte Zugang vom Garten zum Kellergeschoss unter der Terrasse wurde erst später errichtet. Die derzeitige Umzäunung des Grundstücks entlang der Straßen stammt aus dem Jahr 1967.

Das Haus, beziehungsweise die Villa mit Garten befindet sich in einer historisch spezifischen Umgebung, dicht hinter dem befestigten Rand des Stadtkerns. Die Erhaltung des ausgedehnten Gartens stellt eine direkte Fortsetzung einer ansonsten ausgestorbenen Tradition des Ortes dar, die nachweislich bis ins 18. Jahrhundert zurückreicht, die jedoch nach und nach verschwand. Zusammen mit dem Grundstück, der typischen Entwicklung der Eigentumsverhältnisse und den verschiedenen Nutzungsarten liefert das Haus ein wertvolles Zeugnis der Entwicklung der letzten 100 Jahre mit einem hohen Grad an Erhaltung wertvoller ursprünglichen Elemente einschließlich des kunstgewerblichen Details. Mit Hilfe einer atypischen Dachform, hohen Risaliten und unterschiedlichen Höhen des Kranzgesimses wurde das geräumige Gebäude kunstvoll in das abfallende Gelände integriert. Die Kombination aus kontextuellem Ansatz und technischer Innovation, repräsentiert durch die elegante und sparsame Konstruktion des Lamellendachstuhls und des Hohlmauerwerks, ist für die damalige Zeit und den damaligen Ort außergewöhnlich aussagekräftig.

JN

Literatur und sonstige Quellen 

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