Plüschwarenfabrik Hermann Pollack a synové

   
In den 30-er Jahren des 19. Jahrhunderts gründete Hermann Isak Hirsch Pollack in Wien ein Gewerbebetrieb für die Vermittlung des Handels mit Textilien. Zusammen mit seinen Söhnen Bernhard und Leopold baute er den Betrieb allmählich aus und so entstand das Unternehmen Hermann Pollack & Söhne. Nach dem Tod seines Vaters übernahm Leopold das Unternehmen. Das Unternehmen besaß eine Fabrik für elektrisches Bleichen, Färben und Veredelung in Floridsdorf bei Wien. Nach und nach wurden auch in Česká Třebová, Velká Ves, Chrastava, Nová Ruda, Hlinsko, Višnová bei Frýdlant oder Iglau einige Spinnereien und Webereien gekauft oder neu gegründet. In der Blütezeit hatte Hermann Pollack & Söhneein Dutzend Fabrikgebäude und über 4.000 Mitarbeiter.

Die Firma Hermann Pollack & Söhnekam nach Iglau 1895, als die Pollacks ein Grundstück in der Nähe des Teichs Koňský rybník kauften und eine Fabrik für die Herstellung von Plüsch und Webpelz gründeten. Die Situationspläne wurden vom Stadtbaumeister Karl Wagner erstellt, das erste Fabrikgebäude am linken Ufer des Flusses Jihlávka wurde vom Brünner Bauzivilingenieur und Baumeister Jan Kowarzik entworfen und gebaut. Plüsch und Webpelz, fein gewebte Imitation des Lammfells, wurden von Webern auf Heimwebstühlen oder in Pollacks Betriebsstätte in Hlinsko von Hand gewebt und in die Fabrik in Iglau transportiert, wo sie gefärbt und veredelt wurden.

Im Jahr 1911 trat Leopold von der Leitung des Unternehmens zurück und wurde von Alfred Willheim abgelöst. Dieser leitete das Unternehmen 10 Jahre lang. Am Ende dieses Zeitraums blieben sowohl das Werk in Iglau als auch das Werk in Hlinsko verschuldet und die Produktion wurde von der Aktiengesellschaftfür Textilindustrie in Iglauübernommen. Die Geschäftsleitung verlegte die gesamte Plüsch- und Webpelzproduktion von Hlinsko in das Werk in Iglau. Das Unternehmen lieferte Plüsch für Kinderspielzeug und Möbelbezüge. Es stellte Pelzimitate, Puderdosen und ähnliche Waren her. Das Unternehmen exportierte seine Produkte auch in andere Länder. Zu Beginn der 20-er Jahre arbeiteten in der vollmechanisierten Fabrik in Iglau rund 140 Beschäftigte. Das Unternehmen wurde auch bautechnisch modernisiert. In den 20-er Jahren wurde eine zweistöckige Weberei gebaut, ein dreigeschossiges Gebäude mit Werkstätten, Maschinenraum und Kesselhaus wurden angebaut. Anfang der 30-er Jahre wurde nach dem Entwurf von Karel Rejchrt ein längliches Gebäude der Färberei und der Trockenräume in Richtung des Teichs Koňský rybník gebaut, das dank seiner Stahlbetonkonstruktion teilweise über das Ufer des alten Dammes hinaus verlängert wurde. Im Jahr 1938 wurde nach dem Entwurf von Jan Schindler ein Teil der Fabrik im Südosten im funktionalistischen Stil erweitert. Einige Jahre später wurde das Kesselhaus rekonstruiert. Ende der 30-er Jahre begann sich die Aktiengesellschaft für Textilindustrie in Iglau für das Gebäude der Studentenmühle zu interessieren, das sich an der alten Brünner Brücke in Richtung des heutigen ZOOs befand und Anton Frühauf gehörte. Das Unternehmen kaufte die Liegenschaft und errichtete in den Jahren 1947–1948 in ihren Räumen eine Spinnerei für Streichgarn.

Im Zuge der politischen Ereignisse änderte das Unternehmen mehrmals seinen Namen. Während des Zweiten Weltkriegs wurde sie in Textilia umbenannt, nach der Verstaatlichung 1948 gehörte sie kurzzeitig zum Nationalbetrieb Velveta Varnsdorf. Im Jahr 1949 wurde das staatliches Unternehmen Krimetgegründet – Fabriken für Plüsch und Webpelz (neben Iglau gehörten auch Werke in Kraslice und Liberec-Rochlice dazu). Später konzentrierte sich die Fabrik nur noch auf die Produktion von Heimtextilien und existierte unter dem Namen des staatlichen Unternehmens Bytex. Um die Jahrtausendwende wurde die Aktiengesellschaft Alfatexgegründet, die das Industriegelände mehrere Jahre lang nutzte.

Im Jahr 2018 übernahm ein Unternehmerpaar aus Iglau die ungenutzten Gebäude und baute sie zu Wohngebäuden mit einer Reihe von Wohnungen sowie Geschäftsräumen um. Die geplante Dominante des neu rekonstruierten Komplexes ist ein stillgelegter Fabrikschornstein, den der Eigentümer in Zukunft als Aussichtsturm nutzen will. Eine Kuriosität und eine Erinnerung an die Kriegsjahre bleibt der deutsche Betonbunker, der sog. Einmannbunker, der Teil des Geländes wurde. Er befindet sich an der nordöstlichen Wand des Gebäudes. Er wurde wahrscheinlich in Dresden hergestellt und während des Zweiten Weltkriegs nach Iglau transportiert. Die Beobachtungsstelle, die während des Zweiten Weltkriegs als Sicherheitsbereich diente, soll das einzige kleine Gebäude dieser Art in der Region Vysočina sein.

MP
Literatur und sonstige Quellen 

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