Gerberei Wilhelm Budischowsky

 

Die Gerberei Wilhelm Budischowsky befand sich im Kataster des einst selbstständigen Dorfes Dřevěné Mlýny. Ursprünglich stand hier in der Nähe des heutigen Wehrs eine Mühle. Ab dem 14. Jahrhundert war sie im Besitz der Familie Gruncz, ab dem 15. Jahrhundert im Besitz der Familie Hölzl. Zweihundert Jahre später trug die Mühle den Namen Bückarbmühl. In der Nähe befand sich ein Hof, der später zu einem Großgrundbesitz wurde. Vom Ende des 19. Jahrhunderts bis 1914 wurden die Mühle und der Großgrundbesitz von dem damaligen Bürgermeister Leo B. Tomaschek bewirtschaftet. Die letzten Bewohner der Mühle war die Familie Pekárek. Neben der Mühle und dem Großgrundbesitz befand sich am Fluss auch eine Branntweinbrennerei und Anfang des 19. Jahrhunderts wurde eine Wollspinnerei in Betrieb genommen. Sie wurde 1814 von Franz Wenzelides gegründet, dem ehemaligen Direktor der Spinnerei und der Appretur von Tost (heutige Iglauer Terrassen). Er ließ ein neues, längliches Gebäude für die Verarbeitung von Wollgarn errichten. Im Jahr 1877 übernahm Leopold Krebs die Spinnerei in Pacht und erweiterte die Räumlichkeiten. Zwischen 1882 und 1883 errichtete er neben dem ursprünglichen Gebäude ein mehrstöckiges Gebäude mit Werkstätten und anderen Einrichtungen.

Auch eine Streichholzfabrik wurde in der Nähe des Flusses gebaut. Eigentümer wurden die Gesellschafter Franz Oplat und Maier Loew. Im Jahr 1858 erhielten sie von der Gemeinde Dřevěné Mlýny eine Lizenz für die Herstellung von Streichhölzern. Die Produktionsstätte wurde später von Franz Gottfried Czap (Gründer des Hotels Czap, des heutigen Arbeiterhauses) betrieben, der sie 1863 um einen Trockenraum erweiterte.

Im Jahr 1888 kaufte Wilhelm Budischowsky (1851–1914) die Betriebsstätten am rechten Ufer. Er passte das Gelände für die Lederverarbeitung an und verlegte hierher sein Unternehmen von Chotěboř. Die Gerberei wurde allmählich zu einer der bekanntesten Fabriken in Iglau. Budischowsky baute neue Produktions- und Lagerräume, erweiterte die Fabrik um ein Wohnhaus für die Mitarbeiter und rüstete die Fabrik mit Dampfmaschinen aus. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts beschäftigte die Fabrik rund 300 Mitarbeiter und das Gelände der Gerberei mit all seinen Einrichtungen erstreckte sich über die Fläche, die wir heute kennen. Die Leistung der Dampfmaschinen betrug zusammen mit den Dampfkesseln bereits 300 PS. Dank ihrer Teilnahme an Ausstellungen ist die Gerberei Iglau zu einem echten Begriff geworden. Auf der Pariser Weltausstellung 1900 erhielt Budischowsky den Franz-Joseph-Orden und seine Qualitätsprodukte wurden mit dem Grand Prix ausgezeichnet.

Im Jahr 1909 baute er für sich in der Nähe des Geländes auch eine Villa. Der Autor des Entwurfs war Jaromír Roučka, die Bauaufsicht lag bei Vinzenz Zeizinger, beide renommierte Baumeister aus Iglau. Heute ist die Villa ein Kinderheim mit einer Schule.

In den folgenden Jahren wurde ein älteres zweistöckiges Gebäude mit Mansarddach – die ursprüngliche Spinnerei – umgebaut. So entstanden Büros für die Verwaltung des Unternehmens und Wohnräume. Das Gebäude wurde um einen länglichen Teil erweitert, der als Vorbereitungsraum diente. Hinter dem Vorbereitungsraum befand sich ein dreistöckiger Trockenraum. Diese drei Gebäude bildeten den westlichen Teil des Komplexes. Das Gelände war von der Nordseite zugänglich. Für die Anfahrt von Automobilen und Pferdewagen wurde eine Stahlbetonbrücke gebaut, die mit einem Druckbogen gewölbt war, eine der ersten Brücken in der Tschechischen Republik, die mit dieser Technologie gebaut wurde. Im östlichen Block befanden sich Nebengebäude, in der Mitte des Geländes war ein Kesselhaus mit Schornstein und Maschinenräumen. Der südliche Teil des Geländes bestand aus Gebäuden mit Werkstätten auf drei übereinander liegenden Etagen und einem Hochlager für Rohmaterial.

Eine wichtige Funktion war der Sprinklerturm, der bis heute zwischen den Gebäuden hervorsticht. In seinem Raum befanden sich Wassertanks für die Sprinklerlöschanlage, die mit Brauchwasser gefüllt waren. In den Turm wurde ein Kopf mit Hochexpansionsflüssigkeit eingebaut. Bei einem Brand zerbrach die Ampulle und aktivierte die Ventile des Wasserverteilungssystems, das zum Löschen des Brandes verwendet werden konnte. Der architektonisch interessante Turm ist bis heute erhalten geblieben. Er ist zwar Kuppel, aber die Feuerglocken, die Uhr und Fassadendekoration sind noch sichtbar.

Wilhelm Budischowsky starb 1914. Seine Söhne Wilhelm, Viktor und Theodor übernahmen die Leitung des Unternehmens. In den Jahren 1917–1918 wurde an der Ostseite des Geländes ein zweistöckiges unterkellertes Lagerhaus aus Stahlbeton mit einem Aufzugsschacht errichtet. Der Bau wurde von der Wiener Firma Pittel & Brausewetter ausgeführt. Im Jahr 1923 wurde eine Turbine zur eigenen Stromerzeugung angeschlossen.

Ab 1928 mietete Samuel Löwy einige der Gebäude für seine Firma ARCO. Nach 1929 wurde ein Teil des Gebäudes von der Strickwarenfabrik Fischer & Oestreicher genutzt. Während des Protektorats befand sich der Komplex im alleinigen Besitz von Richard Fischer, mehrere Unternehmen waren dort ansässig. Nach der Verstaatlichung 1948 war hier das Staatsunternehmen Pletařské závody Jihlava, später das Staatsunternehmen Pal (das heutige Motorpal) tätig.

Das Gelände existiert bis heute. Die Räumlichkeiten werden von mehreren Unternehmen genutzt. Die ehemalige Spinnerei von Wenzelides wurde 2014 komplett abgerissen und durch eine neue Halle ersetzt.

MP

Literatur und sonstige Quellen 

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