Industrial – Tuchmacherpfad

   

Iglau wurde in der Mitte des 13. Jahrhunderts in der Nähe reicher Silberlagerstätten als königliche Bergstadt gegründet. Der Rückgang des Abbaus und der Verarbeitung von Silber erfolgte jedoch noch vor den Hussitenkriegen, und trotz mehrerer Versuche neue Stollen zu erschließen, konnte der Abbau nicht wieder aufgenommen werden. Die Wirtschaftspolitik der Stadt basierte daraufhin auf Handel, Bierbrauerei, Handwerk und vor allem auf der Tuchindustrie, die Iglau im 19. Jahrhundert zum größten Tuchhersteller in Österreich-Ungarn nach Liberec machte. Der Industriepfad erinnert daher vor allem an die Geschichte der Textilindustrie, von der jedoch außer Fabriken sehr wenig erhalten geblieben ist.

Der Pfad beginnt in Staré Hory, an der Biegung des Flusses Jihlava, wo Berthold Bernhard Kern in den Jahren 1860 bis 1862 an der Stelle einer abgebrannten Mühle eine neue Fabrik für Militärtextilien bauen ließ. Ein paar hundert Meter weiter flussabwärts befindet sich die moderne Strickwarenfabrik Modeta aus den Jahren 1969 bis 1977, die zu ihrer Zeit prosperierte, deren spätes Gründungsdatum aber eigentlich den Anfang vom Ende der lokalen Textiltradition einläutete. Im Jahr 1909 ließ der Familienklan Kern eine neue Fabrik in der Nähe des Zentrums von Iglau, in der Straße Žižkova, nach einem Projekt des Industriespezialisten Bruno Bauer errichten. Später produzierte hier die Firma J. K. Sedláček verschiedene Arten von Wagen, Kutschen und später auch Automobilkarosserien.

Der Pfad führt weiter zur Weberei Fürst und Hausner an der Ecke der Straßen U dlouhé stěny und Polní, die heute zu Wohnungen und Büros umgebaut wurde. Auch die Plüschwaren- und Webpelzfabrik Hermann Pollack in der Straße Křižíkova, in der nach dem Zweiten Weltkrieg bis Anfang des Jahrtausends Heimtextilien hergestellt wurden, wurde einer neuen Nutzung zugeführt. Heute ist sie in ein Wohnhaus umgebaut. Besucher des Zoos in Iglau können die ehemalige Strickwarenfabrik für Strümpfe, Socken und Handschuhe der Firma Ehrlich a spol. besichtigen. Heute ist sie die einzige noch in Betrieb befindliche Textilfabrik der Region, die Bade- und Sportbekleidung näht.

Das Gebiet zwischen den heutigen Straßen Havlíčkova, Třebízského und Srázná hat eine komplizierte Geschichte hinter sich. Zunächst stellte die Fabrik von Johann Tost hier Tuch für militärische Zwecke her. Ab Mitte des 19. Jahrhunderts zog hier die Tabakregie des k. k. Finanzministeriums ein und nach dem Zweiten Weltkrieg wurden die Gebäude vom Unternehmen Tesla für seine elektrotechnische Produktion übernommen. Heute beherbergen die renovierten Gebäude Wohnungen, Altenheim, Hotel, Büros und damit verbundene Dienstleistungen. Gegenüber befindet sich ein Ausstellungshaus mit dem angrenzenden Produktionstrakt, das für Richard Weissenstein 1909 vom Architekten Arthur Corazza entworfen wurde, und gleich daneben die markante Wollwarenfabrik der Firma Augustin Krebs a syn aus den Jahren 1883 bis 1894. Auch die imposante modernistische Schuhfabrik, die der Architekt Ernst Epstein 1912 für Moritz Altstadt und Anton Čapek entwarf, beeinflusst den Charakter der Straße Havlíčkova in ähnlicher Weise.

Der ursprüngliche Charakter der Industriearchitektur findet sich auch auf dem Gelände der genossenschaftlichen Fabrik zur Herstellung von Leinengarn in der Straße Polenská, in welche in den 20-er Jahren die Wiener Firma Rudolf Schmidt die Produktion von Feilen verlegte. Diese werden hier bis heute hergestellt. Der Pfad endet auf dem nahe gelegenen Gelände der Spinnerei von Franz Wenzelides, die 1888 vom Unternehmer Wilhelm Budischowsky aus Třebíč gekauft und sechs Jahre später für die Lederproduktion umgebaut und erweitert wurde. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde sie, ebenso wie das Gelände Kerns Textilfabrik in Staré Hory, wo der Industriepfad beginnt, von der staatlichen Firma Motorpal übernommen, die dort Kraftstoffpumpen für Dieselmotoren herstellte. Diese Tätigkeit wird hier bis heute fortgesetzt.

JZ

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