Städtisches Elektrizitätswerk

   
„Iglau will auch eine eigene Eisenbahn, wenn auch kleinere Städte in der Monarchie eine haben können“, titelte 1898 das Iglauer Volksblatt. Zu dieser Zeit befand sich in Iglau bereits der Bahnhof der Böhmisch-Mährischen Transversalbahn (BMTB), der heutige Hauptbahnhof in Iglau (Jihlava-hlavní nádraží). Die Absicht der Stadtverwaltung von Iglau war es, den Bahnhof und das Stadtzentrum mit einer Straßenbahnlinie zu verbinden, die dem Personen- sowie Güterverkehr dienen sollte. Bereits zwischen den Jahren 1898 und 1899 verhandelte der Stadtrat von Iglau die ersten Projekte für den Bau einer Stadtbahn. Die Stadt setzte die Beurteilungen bezüglich des am besten geeigneten Plans bis zum Jahr 1906 fort. So lehnte sie beispielsweise den Entwurf für eine Dampfeisenbahn sowie eine ungeeignete Spurweite ab. Projekte, die sich in finanzieller Hinsicht zu kostspielig zeigten, wurden ebenfalls als nicht geeignet angesehen.

Im Jahr 1904 übernahm der neu gewählte Bürgermeister Vinzenz Inderka (1855–1934) die Leitung der Stadt und beschloss, die Idee einer Stadtbahn zu verwirklichen. Er beauftragte den Ingenieur Friedrich Ross (geb. 1850) aus Wien, der auf den Ausbau der Elektrizität in Wien spezialisiert war, mit der Beurteilung des Entwurfs der Bahn und gleichzeitig mit der Ausarbeitung eines Projekts für den Bau des Gebäudes eines Elektrizitätswerks zur Versorgung der Schmalspurbahn mit Strom. Zwei Jahre später genehmigte der Stadtrat schließlich den endgültigen Entwurf für eine eingleisige Stadtbahn mit einer Schmalspur von 1.000 mm (letztlich nur für den Personenverkehr) und den damit verbundenen Bau eines voll ausgestatteten Gebäudes eines Elektrizitätswerks. Zu diesem Zweck erhielt das Rathaus ein Darlehen in Höhe von 1 Mio. Kronen von der Deutschen Sparkasse in Prag. Die Kosten für die Bahnstrecke und die Anschaffung der Fahrzeuge beliefen sich auf 300 Tausend, die Kosten für das Elektrizitätswerk und die Ausstattung auf 500 Tausend Kronen.

Die elektrischen Leitungen der Bahn wurden von der Wiener Firma AEG Uniongeliefert, die 1908 auch die ersten zwei Waggons mit 18 Sitzen installierte. Die Bahnstrecke wurde von der Firma Leo Arnoldigebaut, ebenfalls aus Wien.

Für das neue Elektrizitätswerk wies die Gemeinde einen Standort auf ihrem Gelände zu, der ursprünglich an die städtischen Schlachthöfe verpachtet wurde. Unter dem architektonischen Projekt ist die Baubehörde unterzeichnet, die damals von Johann Schlögl, Oberingenieur der Baubehörde, geleitet wurde. Der Entwurf der Fassade wurde von Kajetán Malnati erstellt. Für die Sicherstellung des Antriebs des Elektrizitätswerks entschied sich die Stadt für den Waggon- und Maschinenhersteller, die Grazer WagonnenundMaschinenfabrikaus Graz, die zwei Dreizylinder-Dieselmotoren mit einer Leistung von 200 PS und einen Zweizylindermotor mit einer Leistung von 130 PS lieferte. Die Wiener Niederlassung der Gesellschaft Siemens-Schuckert stattete das Elektrizitätswerk mit drei Generatoren und einem Dynamo mit einer Leistung von 32 kW aus, die für den Betrieb der Schmalspurbahn eingesetzt werden sollten. Die Stadt beauftragte Ingenieur Rudolf Strickner, einen ehemaligen Konstrukteur der Firma Siemens-Schuckert, mit der Leitung des Elektrizitätswerks. Am 26. August 1909 übergab der Stadtrat das gesamte Projekt feierlich der Öffentlichkeit. Die Gemeinde nahm somit nicht nur das Elektrizitätswerk in Betrieb, sondern auch die Straßenbahn, neues Depot mit einer Remise und eine neue Stahlbetonbrücke über den Fluss Jihlava mit Jugendstildetails.

Das Diesel-Elektrizitätswerk versorgte die Bahn mit einer Gesamtlänge von 2,7 km mit Strom in den folgenden acht Stationen: Severozápadní nádraží, Dřevěné mlýny, Jatky, Elektrické podniky (hier war eine starke Steigung von 77,66 Promille), Josefské náměstí (heute náměstí Svobody), Schillerova (heute Komenského) und Hlavní náměstí. Auf der Strecke wurden 3,1 km Gleise und 10 Weichen verwendet. Das Elektrizitätswerk selbst stand am Kilometer 1,36 der Strecke. Im Oktober 1908 begannen die ersten Bewohner aus dem Bürgertum ihre Haushalte mit Strom zu versorgen. Neben dem Straßenbahnverkehr versorgte das Elektrizitätswerk auch Stadthäuser und kleinere Betriebe in der Umgebung.

Das Gebäude des Elektrizitätswerks wurde auf einem länglichen, rechteckigen Grundriss, aus Blankziegeln, mit Satteldach gebaut. Die Fassade wird durch ein plastisches Stuckdekor akzentuiert. Ursprünglich war die Längsfassade durch sechs gewölbte Industriefenster in sechs Erkern gegliedert, bis heute ist jedoch nur das Hallenfenster in der Vorderfassade erhalten geblieben. Dieses wird von hohen Säulen mit abgerundeten Kugelkappen aus Stein auf beiden Seiten umrahmt. Das Motiv wiederholt sich im Giebel über dem Fenster. Hier befand sich auch die ursprüngliche deutsche AufschriftStädtische Elektrizitätswerks Iglau. An den Hallenteil des Maschinenhauses wurde auf der Ostseite ein zweistöckiges Gebäude mit Flachdach angebaut, in dem sich ergänzende Anlagen des Elektrizitätswerks, Werkstätten und Büros befanden. Die Halle war mit dem Umspannwerk im Erdgeschoss verbunden. Im Jahr 1931 wurde ein Teil des Maschinenraums um weitere Fensterfelder erweitert, die Fenster der Seitenfassade wurden später durch ein Tor ersetzt, wodurch die Südfassade den größten Teil ihrer Stuckverzierung verlor.

Die Gesamtleistung des Elektrizitätswerks wurde durch den schrittweisen Erwerb von Motoren kontinuierlich gesteigert. In den 60-er Jahren wurde die Stadt an das Fernstromnetz angeschlossen, das Elektrizitätswerk wurde stillgelegt und die Anlagen demontiert. Heute befindet sich hier der Sitz eines Unternehmens, das unseren Markt mit Energie versorgt.

MP
Literatur und sonstige Quellen 

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