Brauerei

   

Die Iglauer Brauerei ist ein dominantes Gebäude in der Straße Vrchlického und gehört zu den bedeutenden Objekten des Iglauer Umfelds. Das Bierbrauen selbst hat in Iglau eine lange Tradition. Das Recht, Bier auszuschenken und zu brauen hatte jeder vollberechtigte Bürger, außerhalb der Stadtmauern war das Brauen jedoch nicht erlaubt. Im 15. Jahrhundert gab es in Iglau viele Mälzereien. Wahrscheinlich in vier von ihnen konzentrierten sich die Brauereien, in denen sich die Brauberechtigten im Bierbrauen abwechselten.

Das Iglauer Brauereiwesen spielte eine wichtige politisch-wirtschaftliche Rolle. Darauf deutet auch eine der drei bedeutenden Urkunden hin, die Karl IV. in den Jahren 1346 bis 1369 für Iglau erließ. Der Kaiser verband eine von ihnen mit dem Verbot, in den Dörfern Bier zu brauen, was offenbar dem Wunsch der Bürger von Iglau entsprach. Neben den Tuchhändlern und Tuchmachern gehörten Mälzer und Brauer nämlich zu den am besten prosperierenden Berufen in der Stadt und stellten somit eine entscheidende politische Kraft im Stadtrat dar. Auch hier wurde eine Art Protektionismus betrieben. Der Stadtrat bevorzugte heimische Bewerber um dieses Gewerbe und Auszubildende gegenüber Fremden. Mit dem Aufblühen der einzelnen Handwerksberufe entstanden Zünfte, von denen wir in Iglau die ersten Belege in den 40er Jahren des 14. Jahrhunderts haben. Die ältesten Statuten der Mälzer gehen auf das Jahr 1531 zurück.

Vom guten Ruf des Iglauer Biers sowie von der günstigen Transitlage der Stadt zeugt die Tatsache, dass der Hof der Witwe Albrechts von Österreich, der Königin Elisabeth, der Hof seines Sohnes Ladislaus Postumus und sogar der Hof von Kaiser Friedrich III. mit dem Bier beliefert wurde. Zu Beginn des 17. Jahrhunderts wurden in Iglau während einer Winterperiode etwa 900 Sude gebraut, die hauptsächlich für die Ausfuhr nach Österreich bestimmt waren. Zu Hause wurde Bier vor allem nach Brünn ausgeführt. Während des Dreißigjährigen Krieges überlebte jedoch keine der vier Brauereien, und auch 23 Mälzereien blieben von größeren Schäden nicht verschont.

In der Mitte des 18. Jahrhunderts wurde das Ausschenken von Bier an die sog. Mälzhäuser gebunden, deren Anzahl sich damals auf 123 festigte, was ein Viertel der Bürgerhäuser innerhalb der Stadtmauern ausmachte. Weiterhin waren vier Brauereien in Betrieb: im Böhmischen Viertel in der heutigen Straße Brněnská 15, im Viertel Matky Boží in der heutigen Straße Mrštíková, im Sächsischen Viertel in einem Haus an der Ecke der heutigen Straßen Palackého und Benešova, und die vierte Brauerei stand im Viertel Mlátečná im westlichen Teil des heutigen Grandhotels in der Straße Husova 1. Weitere Brauereien sind untergegangen: So wurde die kleine Brauerei im Haus U Mincovny Nr. 6 durch eine Mälzerei und einen Lager ersetzt, eine weitere kleinere Brauerei im Haus an der Ecke des Platzes Masarykovo náměstí 26 und der Straße Znojemská ging Anfang des 19. Jahrhunderts unter.

Die umwälzende Entwicklung im 19. Jahrhundert begann sich auch auf das Brauereiwesen auszuwirken. Der Einfluss der Zünfte ging zurück. Am 20. 12. 1859 wurden sie vom österreichischen Staat aufgehoben. Die Ära kleiner Brauereien ging zu Ende, so dass sich die Mälzer für die Konzentration des Kapitals sowie der Produktion entschieden haben. Gerade im Jahr 1859 schlossen sie sich zusammen, um eine Großbrauerei zu errichten. Ihre Rentabilität war hoch, was sich darin widerspiegelte, dass die brauberechtigte Gemeinschaft, die die Brauerei betrieb, damals der größte Steuerzahler in Iglau war.

Noch im Jahr 1859 entstand ein Projekt von Brauereigebäuden von dem Baumeister Alexander Theuner. Der Maurermeister Mathias Lang begann anschließend mit dem Bau. Aus den vorhandenen Archivalien lässt sich schließen, dass zusammen mit Mathias Lang auch Ignaz und Franz Lang am Bau der Brauerei beteiligt waren. In späteren Jahren, ab 1916, taucht hier sogar der Name eines weiteren Lang, nämlich Gustav, auf. Die Architektur der Iglauer Brauerei war typisch für die Mitte des 19. Jahrhunderts. Der Baumeister Theuner und seine Partner konzipierten sie in romantischen neugotischen Formen. Den Neubau auf der grünen Wiese umgab ein kleiner Biedermeiergarten. Am Projekt war auch Josef Rosenberg beteiligt, ein bedeutender Projektant und Erbauer von Brauereien, der in den Jahren 1873–1915 sein technisches Büro in Iglau leitete. Seine Handschrift findet sich unter dem Bau eines gewölbten unterirdischen Kühlraums, in dem das Bier in der Kälte gegärt wurde. Der Bau wurde im Jahr 1861 abgeschlossen und am 4. April wurde die Brauerei feierlich eröffnet.

Die feierliche Eröffnung begann mit einer großen Messe in der Jakobskirche. Anschließend ging der Umzug in die Brauerei, wo der Minoritenpfarrer die Brauerei einweihte. Karel Brandtner wurde Direktor der Brauerei, J. Jelínek wurde Bierbrauer. In den folgenden Jahren wurde die Brauerei erweitert und modernisiert. Im Jahr 1865 wird ein Gerstenspeicher, im Jahr 1869 eine Bierstube gebaut, im November 1871 liefert die Brünner Firma H. A. Luz einen neuen Dampfkessel. Im Jahr 1873 kam eine zweite Malzdarre für die Trocknung von Grünmalz hinzu, in den Jahren 1874 und 1885 lieferte die Firma Ringhoffer einen Kessel (bzw. zwei Kessel, die sich abwechselten) und andere Maschinenanlagen. Zu weiteren Lieferanten der Brauerei kam auch die Firma Škoda hinzu. In den 90er Jahren des 19. Jahrhunderts wurde eine Waage errichtet, die Bierstube wurde erweitert und es wurden kleinere bauliche Veränderungen vorgenommen. Während des Ersten Weltkriegs im Jahr 1916 wurden neue Kältemaschinen installiert. Nach dem Bau der neuen Brauerei konnte die Produktion gesteigert werden. Von 17.433 Hektolitern, die im Jahr 1828 gebraut wurden, stieg die Produktion auf 44.319 Hektoliter im Jahr 1910 an.

Interessant ist das regelmäßige Auftauchen von zwei Namen auf Archivdokumenten und deren Stempeln – H. A. Luz und J. V. Novák. Heinrich Alexander Luz war ein deutscher in Brünn tätiger Unternehmer, der sich auf die Herstellung von Dampfmaschinen für Zuckerfabriken, Brennereien und Brauereien spezialisierte. Im Jahr 1873 gründete der Reichsrat Josef Vincenc Novák, ein Industrieller und Brauereibesitzer, zusammen mit Richard Jahn eine spezialisierte Firma für die Herstellung von Anlagen für die gleichen Industriezweige. Die Brauerei in Iglau hatte einen eigenen Brunnen, und in der Nachbarschaft des Sudhauses stand eine Dampfmaschine. Technisch gesehen befand sie sich noch im Stadium der Modernisierung. Zwischen 1923 und 1929 wurde ein neuer Kesselraum errichtet, zwischen 1927 und 1930 wurde der Betrieb um eine Maschinenkühlung ergänzt, in den Jahren 1934 bis 1936 kamen die Gebäude der Gärkammer und eine Luftpumpe für das Ziehen des Grünmalzes aus der Malztenne zur Malzdarre hinzu. Zwischen 1920 und 1945 arbeiteten in der Brauerei 70 Menschen.

Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde die Bierbrauerei verstaatlicht. In den Jahren 1948 bis 1959 war sie Teil des staatlichen Unternehmens Horácké pivovary, in den Jahren 1960 bis 1990 fiel sie unter das Unternehmen Jihomoravské pivovary. Kleinere Braubetriebe in der Region gingen unter und die Produktion der Brauerei in Iglau nahm zu; im Jahr 1962 erreichte sie eine Rekordmenge von 200.000 Hektolitern. Die Kompressoren der Brauerei kühlten damals die Eisfläche des nahe gelegenen Eisstadions Horácký zimní stadion. Seit den 50er Jahren wurden in der Brauerei zahlreiche Veränderungen vorgenommen, wie z. B. der Bau eines Speiseraums in den Jahren 1950 bis 1952, an dem sich der Baumeister Ctibor Máčel beteiligte, oder der Bau von Gärbottichen aus Beton im Jahr 1959.

Im Jahr 1995 wurde die Brauerei privatisiert und zum Mehrheitseigentümer wurde der Nachfolger der österreichisch-böhmischen Brauerfamilie aus der Region Třebíč, Karl Schwarz (die Gesellschaft Brauerei Zwettl Karl Schwarz). Der neue Eigentümer modernisierte die Produktion erheblich, doch gleichzeitig entstanden dadurch beträchtliche Schulden und nach Ansicht vieler Konsumenten sanken die Qualität sowie die Beliebtheit des Iglauer Biers. Im Jahr 1996 wurde das Unternehmen nach dem Projekt von Jaroslav Huňáček aus dem Atelier Fortis umfassend rekonstruiert. Im Zuge dessen wurden die Lagerkeller rekonstruiert; die Werkstätten und Garagen wurden in ein Restaurant umgewandelt. Der Garten wurde um eine neue Gartenlaube und einen Kinderspielplatz erweitert. Von den weniger sichtbaren Sachen war es der Dachausbau für Wohnungen. Um die Jahrtausendwende stand die Brauerei jedoch kurz vor dem Bankrott. Zu einer Verbesserung kam es Ende 2008, als das Unternehmen von der tschechischen Gesellschaft K Brewery Group (heute Pivovary Lobkowicz Group, a. s.) gekauft wurde. Das Bier wird nun nach den Rezepten aus den 80er Jahre gebraut, auch das Logo wurde geändert und ähnelt nun dem älteren Logo aus den 70er Jahren des 20. Jahrhunderts. In den meisten Restaurants in Iglau begann damit der altneue Igel wieder aufzutauchen.

FV

Literatur und sonstige Quellen 

Weitere Objekte auf dem Lernpfad