Sparkasse

   
Das Ditrichsteiner Palast stand früher an der Spitze des Platzes Masarykovo náměstí – früher Kaiser-Franz-Joseph-Platz genannt – an der Stelle des heutigen Post- und Sparkassengebäudes. Das monumentale dreistöckige Gebäude mit einem Mansarddach und einer „steinernen“ Fassadenverkleidung im Barockstil wurde 1785 von Jan Karel Hromádko entworfen, einem Ingenieur aus Mikulov. Bei weiteren baulichen Veränderungen verlor das Gebäude seinen einheitlichen Charakter. Die Disposition wurde in zwei getrennte Häuser aufgeteilt, wobei der östliche Teil an der Ecke des Platzes Masarykovo náměstí und der Straße Křížová durch einen neuen Anstrich und eine Änderung der Dachform und der Fassaden eine bedeutende Veränderung erfuhr. In diesem Haus wohnte zwischen den Jahren 1830 und 1831 Karel Havlíček Borovský während seiner Studienzeit in Iglau. Um die Jahrhundertwende befand sich hier bis zum Untergang des Hauses das Café Central. Im größeren westlichen Teil des ehemaligen Palastes befand sich der Sitz des Bezirksgerichts, noch davor das Kreisamt. Im Jahr 1909 kaufte die Sparkasse der Stadt Iglau das östliche Haus vom Vorbesitzer Johann Christ mit der Absicht, es für ihren Hauptsitz umzubauen. Bald darauf wurde ein Teil des alten Kreisgerichts in unmittelbarer Nähe abgerissen und zwischen 1910 und 1911 ein neues Gebäude für das Post- und Telegraphenamt und die Bezirksdirektion der Finanz- und Steuerbehörde errichtet. Deshalb beantragte die Leitung der Sparkasse bereits 1911 beim Stadtamt die Erlaubnis, ihr Gebäude auch abzureißen und neben dem neuen Postamt ein neues Gebäude zu errichten, das ihren Anforderungen besser entsprechen würde, und zwar zu ähnlichen Kosten wie die Adaptation des alten Gebäudes, d.h. um 250.000 Kronen.

Im Gegensatz zum Postgebäude, bei dem der Autor des Projekts nicht ermittelt werden konnte, ist die Autorenschaft des Architekten und Baumeisters Arthur Corazza im Fall des Gebäudes der städtischen Sparkasse belegt. Corazza führte gleichzeitig die Bauaufsicht aus. Das Gebäude steht auf einem L-förmigen Grundstück. In der Stirnfassade ist die Masse dynamisch geformt und mit einer Jugendstilfassade mit geometrischen farbigen Motiven verziert. Alles wird von einem hohen Mansarddach gekrönt, das ursprünglich mit roten Biberschwanzziegeln gedeckt war. Der Risalit mit Balkonen und einer Markise über dem Kranzgesims wird am Haupteingang des Gebäudes vom Platz durch einen Glockenturm abgestuft, der ursprünglich von einem Zifferblatt in einer Kartusche abgeschlossen wurde. Ähnlich akzentuiert ist der seitliche, segmental geschwungene Risalit mit einem Seiteneingang von der Straße Křížová, wo sich eine eindrucksvolle, in die Masse des Hauses eingelassene Eingangstreppe befindet, die in den Bögen mit Gittern verziert ist, welche mit Laub und Igeln, den Symbolen von Iglau, verziert sind. In der Ecke unter dem polygonalen Erker kann man im Putz die dekorative Inschrift „ARCH. CORAZZA 1913“ lesen. Die innere Disposition und die Ausstattung wurden später mehrfach verändert, insbesondere nach 1951, als das gesamte Gebäude von der kommunistischen Führung für die Bedürfnisse des Kreisausschusses übernommen wurde und die gesamte Jugendstilausstattung verschwand. Dennoch ist zumindest die dreiarmige Steintreppe mit schwarzem Terrazzo-Boden am Seiteneingang erhalten geblieben. Durchdachte Übergänge von Teilelementen an der Fassade und Gradation von volumetrischen Elementen mit Betonung der Vertikalität des Gebäudes zeigen Corazzas komplexe Wahrnehmung des Hauses als Teil des umgebenden städtebaulichen Komplexes und stellen das Haus gleichzeitig in die Reihe der Beispiele des modernen Barockstils, der vor allem im deutschen Umfeld verbreitet ist und sich durch das Bemühen auszeichnet, sich mit modernen Formen gegen den Späthistorismus abzugrenzen.

Corazza, der den Bau entwarf und leitete, hatte bereits mehrere Projekte in Iglau realisiert, darunter das Mietshaus von Edmund Hoss in der Straße Vrchlického 27, ein Fabrikgelände für Richard Weissenstein in der Straße Srázná 17, ein Werksgebäude für Alois Neumann in der Straße Srázná 40 und für Josef Nägele in der Straße Znojemská 64. Gleichzeitig war er der Autor seines eigenen Hauses in der Straße Jiráskova 7 und mehrerer anderer Familienhäuser, darunter das Haus von Franz Röder in der Straße Na Hliništi 9. Er war auch an der Planung und dem Bau des ersten Iglauer Kinos Elite 1911 beteiligt, das später dem Gebäude der Masaryk-Jubiläumsschulen wich. Nach dem Krieg ging es Corrazas geschäftlicher und finanzieller Situation in Iglau nicht mehr so gut und er kehrte nach Nordböhmen zurück.

JL
Literatur und sonstige Quellen 

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