Die Bürgerhäuser auf dem Iglauer Stadtplatz sind die ältesten und prächtigsten Beispiele ihrer Art. Bereits Ende des 13. Jahrhunderts war der Platz teilweise mit Steinarchitektur gesäumt. Aus dieser Zeit stammen auch die Ursprünge des Hauses Nr. 21, in dem der Torso der Balkendecke des ältesten Kellers auf das Jahr 1280 datiert wurde. Die Häuser auf dem Platz waren ursprünglich mit Lauben ausgestattet, die jedoch bereits im Mittelalter nach und nach verschwanden. Die grundlegende Entwicklung der bürgerlichen Architektur in Iglau lässt sich auf das 16. und frühe 17. Jahrhundert zurückführen, auf eine Zeit des Umbruchs, der Katastrophen, aber auch auf eine Periode bereits unwiederholter wirtschaftlicher Prosperität. Eine Reihe verheerender Brände schuf die Voraussetzungen für den Bau von prächtigen Palästen im Stil der Renaissance, zu denen auch das Haus am Platz Masarykovo náměstí gehört.
Die Zeit des Dreißigjährigen Krieges ließ Iglau dezimiert zurück. Die Gesamtzahl der Bevölkerung war bis Ende der 40-er Jahre des 17. Jahrhunderts auf etwa ein Sechstel gesunken, 133 Häuser waren verlassen, 107 beschädigt oder zerstört. Die Beschreibungen in der Vedute der Stadt von 1647 bezeichnen die Vororte von Iglau als ehemalig und ohne jegliche Hausstruktur.
Verlassen war vermutlich auch das Haus Nr. 21. Aus den umfangreichen und kostspieligen Reparaturen und Erneuerungen der Holzstrukturen, die in den 20-er bis 40-er Jahren des 18. Jahrhunderts durchgeführt wurden, lässt sich schließen, dass sich das Haus zuvor in einem sehr vernachlässigten bis baufälligen Zustand befand und wahrscheinlich unbewohnbar war. Im Jahr 1779 gehörte das Mälzerhaus mit einem relativen Wert von 1.000 Gulden zu den zwanzig wertvollsten der Stadt. Wie die meisten Häuser in Iglau, blieb auch dieses Haus von späteren klassizistischen Umbauten nicht verschont. Ursprünglich ein großzügig disponiertes und kostspielig eingerichtetes Gebäude für einen einzigen Besitzer und Nutzer, wurde es nach und nach für das Leben mehrerer Familien angepasst, deren Zahl seit Ende des 18. Jahrhunderts in den Städten zunahm. Im 19. Jahrhundert wurde auch das Treppenhaus umgebaut, und nach einem Brand 1893 erhielt das Haus ein neues einfaches Dach anstelle eines Mansarddachs. Von der Mitte bis zum Ende des Jahrhunderts schwankte die Zahl der Bewohner des Hauses zwischen acht und fünfzig, und auch die Struktur des Hauses passte sich mehr oder weniger beiläufig daran an. Das 1907 von der Stadt erworbene Haus wurde bis ins 20. Jahrhundert hinein in diesem Sinne weiter genutzt, ohne dass größere Renovierungsarbeiten vorgenommen wurden. Es wurde daher in einem Zustand erhalten, der auf den ersten Blick nicht sehr attraktiv wirkte. Abgesehen von der spätbarocken Fassade mit einem Renaissanceportal und einem alten Tor und abgesehen von den gewölbten Räumen im Inneren, zeichnete es sich wahrscheinlich durch keine großen historischen Merkmale aus. Doch um so interessanter sind die Konstruktionen und Oberflächen, die verborgen waren und nun weitgehend präsentiert werden.
Die typischen Elemente des Hauses sind dessen dreiteilige Anordnung mit einem zentralen Service- und Kommunikationstrakt und einem geräumigen Maßhaus mit Flur im Erdgeschoss. Die älteste gotische Gebäudeschicht umfasst Keller mit ursprünglich flachen und später steinernen gewölbten Decken. Im nördlichen Keller befindet sich ein Paar ungleicher Gewölbe, die in einen zentralen Arkadengang münden. Teile des oberirdischen Mauerwerks und das Gewölbe des Durchgangs zum Innenhof sind ebenfalls gotisch. Die Renaissanceschicht im Erdgeschoss umfasst das Eingangsportal mit dem Monogramm AK und Vertiefungen für die Ellenmaße. Durch das Portal gelangen wir in ein geräumiges Maßhaus, von dem man den Innenhof und weitere Räume sowie das Hinterzimmer betreten kann, das von einer Balkendecke mit Konstruktionselementen aus den 20-er Jahren des 16. Jahrhunderts und einem illusorischen Marmorgemälde bedeckt ist. An der Ostwand wird die Decke zusätzlich von einem massiven Sturz von 1719 getragen. Die Disposition im ersten Stockwerk entwickelt sich um die zentrale gewölbte Halle. Der dem Platz zugewandte Raum erhielt in der Barockzeit ebenfalls eine Decke mit einem Stuckspiegel, der jedoch nur als Abdruck erhalten geblieben ist. Die Konstruktion der Balkendecken im hinteren Flügel stammt aus den späten 70-er Jahren des 16. Jahrhunderts. Sie wurden während der Barockrestaurierung repariert und neu gestrichen. Das zweite Stockwerk des Hauses wurde hinter der Renaissance-Attika angebaut, wahrscheinlich gleichzeitig mit der Erneuerung der Dachkonstruktion vor der Mitte des 18. Jahrhunderts. Zeitgleich mit dieser Erweiterung, oder eher erst vom Ende des 18. Jahrhunderts, ist die Fassade mit barockisierenden Elementen und dem unvollständigen klassizistischen Rahmen des Renaissanceportals.
Das Projekt der Haussanierung basierte auf dem Auftrag, eine Reihe von historischen Häusern im Besitz der Stadt zu bewerten. Der Ausrichtung des vorgeschlagenen Betriebsprogramms ging eine gute Kenntnis des Gebäudes und eine Prüfung der verschiedenen Betriebsschemata voraus. Das Gebäude wurde per Laser gescannt, ein Modell erstellt und wichtige Voruntersuchungen durchgeführt: bauhistorische und bautechnische Untersuchung, einschließlich der statischen Prüfung, Untersuchung der Holzkonstruktionen, Putzstratigraphie und Feuchtigkeitsuntersuchung. Mehr als sechzig Holzproben wurden während der Bauarbeiten entnommen und etwa vierzig Holzelemente wurden positiv datiert. Die Ergebnisse trugen zur absoluten Datierung der Bauphasen bei, einschließlich der entscheidenden Barockrestaurierung. Nach der Entfernung der Betonverkleidungen konnte die historische Entwicklung des Kellers besser ermittelt und erklärt werden. Im Erdgeschoss wurde zwischen den Räumen ein sekundär eingesetztes spätgotisches Portal entdeckt, im ersten und zweiten Stockwerk wurden Malereien aus dem 18. und 19. Jahrhundert teilweise aufgedeckt.
Ebenso reizvoll wie bedeutsam war neben vielen kleineren Funden die Entdeckung der Ausrüstung der mittelalterlichen königlichen Münzstätte – Ambosse, Prägestempel, eine Form zum Gießen von Silberzainen, Matrizen zum Gießen von Prägestempeln, Münzgewichte, Prüfstempelabdrücke, ein Fragment eines metallurgischen Schmelztiegels, die Archäologen bei der Gründung des Erweiterungsbaus im Hof des Hauses ausgegraben hatten. Silbermünzen wurden in Iglau bis zum Jahr 1300 geprägt, als König Wenzel II. die Münzprägung in Kutná Hora konzentrierte. Den Standort der Münzstätte in Iglau konnte bis heute nicht ermittelt werden. Es könnte sich auch um eine der Betriebsstätten der königlichen Münzstätte beziehungsweise um eine Servicewerkstatt der Münzstätte handeln. Eine kleine Münze mit einem Drachen oder einem Pferd, genannt als Brakteat, die in Iglau nach der gefundenen Form für Prägestempel geprägt wurde, wird wahrscheinlich das Logo des ganzen Hauses. Bei archäologischen Ausgrabungen wurden auch gotische Kacheln mit der Darstellung des Igels von Iglau sowie des böhmischen Löwen gefunden.
Die Stadt beauftragte den Architekten Marek Štěpán auf der Grundlage seiner guten Referenzen und Erfahrungen mit historischen und zeitgenössischen Gebäuden mit der Restaurierung des Hauses. Von Anfang an formulierte die Stadt den Restaurierungsplan gemeinsam mit den Denkmalpflegern, die den Architekten über die besonderen Werte des Gebäudes und die möglichen Vorgehensweisen aufklärten. Der Entwurf sieht daher auch die Berücksichtigung aller historischen Schichten bis zum 19. Jahrhundert vor. Die Bedeutung des gesamten Gebäudes wird durch seine Ecklage und die vorspringende Vorderseite zur Straße Brněnská unterstrichen, einer ehemals weniger wichtigen Straße Branská. Das Haus ist dem Platz zugewandt und hat eine barock-klassizistische Fassade und ein Renaissance-Portal. Ziel der Restaurierung ist es, das komplexe historische Erbe und seine vielschichtige räumliche und geschichtliche Schichtung zu reflektieren, die dort rehabilitiert wird, wo der Erhaltungsgrad größer ist, und an Stellen, an denen die ursprünglichen Strukturen und Elemente weniger präsent sind, selbstbewusst zeitgenössische künstlerische Mittel einzusetzen. Die betriebliche und technologische Veralterung des Hauses wird maximal diskret saniert.
Das Gebäude wird der Repräsentation der Stadt und der Präsentation ihres architektonischen Fonds dienen. Die vorgeschlagene Nutzung steht im Einklang mit dem Interesse des Bauträgers, das historische Gebäude in seiner ursprünglichen räumlichen, materiellen und stilistischen Großzügigkeit zur Geltung kommen zu lassen und es gleichzeitig einem möglichst breiten Publikum als architektonisches Meisterwerk zu präsentieren, das sich durch den einzigartigen Rhythmus von Neu und Alt im Inneren des Hauses auszeichnet. Eine metallische und silberne Linie zieht sich durch das gesamte Gebäude. Das Betriebsschema entspricht bis zu einem gewissen Grad der Funktionsweise eines Patrizierhauses der Renaissance, das sich durch eine spezifische Verbindung zum öffentlichen Raum und die hierarchische Nutzung repräsentativer Innenräume auszeichnet, die mit einem geräumigen zentralen Korridor verbunden sind. Der Standort des Aufzugs war von Anfang an ein Diskussionsthema. Die Lage in den Gewölbekammern neben dem Treppenhaus ermöglichte die Realisierung des Aufzugs mit den minimal erforderlichen Abmessungen ohne Beeinträchtigung der vertikalen Strukturen. Bei der Beseitigung der Aufschüttungen der zum Abriss bestimmten Gewölbe im Verlauf des Aufzugs wurde über dem jüngeren Gewölbe aus dem 19. Jahrhundert der Torso eines vermutlich Renaissance-Treppenhalses aufgedeckt. Die neue vertikale Straße hat somit ihren nicht mehr existierenden Vorgänger ersetzt.
Unter den neueren Schichten befanden sich alte Dielenböden, die einer Überholung unterzogen worden sind. Unter den zeitgenössischen Wandanstrichen erschienen verschiedene historische Anstriche und unter den Schilfdecken alte bemalte Balkendecken. Ein Teil der Renovierung bestand daher aus Restaurierungsarbeiten der Bilder. Die aufgedeckte Renaissancedecke in einem kleinen Raum im ersten Stockwerk überraschte durch ihren fast perfekten Zustand ohne größere Reparaturen.
Im Außenbereich wurde die Gesamtsanierung vor allem durch einen neuen Hofanbau, Änderung des Ausdrucks im Dachbereich, Austausch der Fenster und abweichende Gestaltung des Renaissanceportals zusammen mit dem klassistischen verputzten Rahmen zum Ausdruck gebracht, wie auf den ältesten Fotos des Hauses zu sehen ist. Der Architekt Štěpán entwarf den Anbau als eine komponierte Ergänzung, welche die Verlagerung des Lagerraums und eines Teils der Sozialeinrichtungen ermöglicht und gleichzeitig den Erhalt des Geschäftsbetriebs im Erdgeschoss sowie einen vollwertigen Zugang zum Garten erlaubt.
Die Holzkonstruktionen oberhalb des dritten Stockwerks, einschließlich der Dachstuhlkonstruktion, waren vor der Erneuerung in schlechtem Zustand. Ein Teil der Decke und des Dachstuhls war von Holzfäule und Hausbockkäfern befallen. Bei der Renovierung wurden sie daher durch eine neue Decken- und Dachstuhlkonstruktion aus einer Kombination von Stahl und Leimbindern ersetzt. Die vorgeschlagene architektonische Lösung nutzt diese neue Situation für eine atypische Beleuchtung des Dachgeschosses durch den Schlitz oberhalb des Gesimses. Ergänzt wird diese Lichtquelle durch Dachfenster mit atypischer Konstruktion.
Denkmalwerte sind nicht weniger zeitgemäß als andere Werte. Ihre Restaurierung wurde von Anfang an unter dieser Prämisse angegangen. Denkmäler sind nicht vergangen; sie sind Teil unserer gelebten Welt und zugleich ein einzigartiges Zeugnis ihres Fortbestands. Ihre Einzigartigkeit sowie die Tatsache, dass sie eine Tradition bilden, können heute inspirierend sein, und so wurde das Konzept der Renovierung des Hauses Nr. 21 angegangen und umgesetzt. Die ungewöhnliche Lösung für die Restaurierung dieses Bürgerhauses, die auf der Kenntnis seines historischen Charakters und seiner denkmalpflegerischen und architektonischen Werte beruhte und die individuell die Möglichkeiten und die Angemessenheit des Dialogs zwischen dem Historischen und dem Zeitgenössischen verfolgte, stellt somit einen neuartigen, etwas polemischen, doch zugleich beispielhaften Umgang mit unserem Bauerbe dar.
JN
























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Name
Bürgerhaus, Masarykovo náměstí 21 -
Adresse
Masarykovo náměstí 636/21, Iglau -
Datierung
1280, 14. a 15. století, 1523, 1579, 1720–1722, 1732–1734, 1746, 1839, 1893, 1957, 1992, 1996, 2021–2023 -
Autor
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Route
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Kode
21F -
GPS
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Typ
Bürgerhaus, Renovierung, Mehrzweckgebäude, Kulturgebäude -
Denkmalschutz
Unbewegliches Kulturdenkmal Reg.-Nr. ÚSKP 37812/7-4877.
Literatura:
Bohumil Bradáč, Jihlava, Jihlava 1926, s. 36.
Eva Šamánková, Jihlava, Praha 1955, s. 24.
A. Bartušek, A. Kába, V. Frejt, Umělecké památky Jihlavy, Havlíčkův Brod 1960, s. 24.
Bohumil Samek, Umělecké památky Moravy a Slezska. 2. svazek (J/N), Praha 1999, s. 73.
Eva Semotanová (red.), Jihlava. Historický atlas měst České republiky (sv. 8), Praha 2000.
Martin Ebel, Poznámky k cenám jihlavských domů v polovině 18. století a jejich vztah k profesi majitele, Jihlavská archivní ročenka 2 - 3, 2000–2001, s. 100–109.
František Hoffmann, Místopis města Jihlavy v první polovině 15. století, Jihlava 2004.
František Hoffmann, Jihlava v první polovině 15. století, in: František Hoffmann Devadesátiletý: výbor studií a článků, Jihlava 2010, s. 93.
Ostatní zdroje:
Státní okresní archiv Jihlava – Archiv města Jihlavy po roce 1849, Stavební archiv, čp. 636.
Státní okresní archiv Jihlava – Sbírka map a plánů Jihlava.
Státní okresní archiv Jihlava – Asanační plán Jihlava, SÚRPMO 1957, fotodokumentace.
Muzeum Vysočiny – sbírka fotografií.
Národní památkový ústav ÚOP v Telči – spisovna, sbírka fotografií.
Národní památkový ústav ÚOP v Brně – spisovna, sbírka fotografií.
David Merta, Marek Peška, Stavebně-historický průzkum domu - Jihlava, Masarykovo náměstí č. 21, Archaia Brno o.p.s. 2016.
Tomáš Kyncl, Dendrochronologické datování dřevěných konstrukčních prvků domu č. 636 v Jihlavě (Masarykovo nám. 21), 2016–2023.