Die Errichtung der Herz-Jesu-Kapelle war eng mit der Tätigkeit der Kongregation der Barmherzigen Schwestern vom hl. Karl Borromäus in Iglau verbunden. Die ersten drei Schwestern kamen nach Iglau am 29. 11. 1883 auf Antrag des 1873 gegründeten Vereins für ein katholisches Waisenhaus. Noch im Jahr 1883 ist es gelungen, Gelder anzuschaffen und ein Haus in der Straße Řeznická (der heutigen Havířská) für die Betreuung und Erziehung der Iglauer Waisenkinder zu mieten. Laut dem Archiv der Kongregation wurden hier 10 Waisenkinder versorgt. Die Kapazität der Räumlichkeiten reichte jedoch nicht aus, und die Schwestern ergriffen die Initiative zum Erwerb neuer Räumlichkeiten.
Im Herbst 1885 gelang es der Kongregation des Ordens, das Haus Nr. 118 in der Straße Křížová zu kaufen. Der Umzug erfolgte im März 1886 und die feierliche Einweihung am 8. 4. 1886. Der Kauf des Hauses mit Eigenmitteln der Kongregation veränderte das Verhältnis zum Verein grundlegend. Der Verein übertrug die Betreuung der Waisenkinder vollständig dem Orden und überwies ein jährliches Vermächtnis von 110 Gulden pro Waisenkind. Zur gleichen Zeit kaufte die Stadt das Nachbarhaus Nr. 33 (in den 70er Jahren des 20. Jahrhunderts abgerissen), mit dem die sog. Höck-Stiftung verbunden war. Das Haus war mit einem Waisenhaus verbunden. Im Jahr 1891 kaufte die Kongregation zwei weitere Häuser in der Straße U Kasáren Nr. 116 und 117.
Der gesamte Komplex des Waisenhauses wurde definitiv durch den Bau eines neuen Mehrzweckgebäudes mit einer Kapelle in den Jahren 1903 bis 1904 abgeschlossen. Die bestehende Kapelle in einem der Räume des Hauses Nr. 118 reichte nicht aus, und es gab auch einen spürbaren Mangel an Innenräumen für Gesellschaftsaktivitäten der Kinder. Die Schwestern beauftragten den Iglauer Stadtbaumeister Karl Wagner mit dem Projekt des Neubaus. Der Entwurf des Gebäudes selbst hat eine interessante Entwicklung durchlaufen. Ursprünglich sollte das Gebäude ein niedriges pyramidenförmiges Dach und das Sanctustürmchen ein breiteres Volumen mit einer niedrigen achteckigen Überdachung haben. Doch der Entwurf wurde von den Schwestern nicht angenommen und Karl Wagner entwarf einen neuen am 7. und 10. 9. 1903. Der Bau begann noch im Herbst 1903 unter der Leitung von M. Kriegsmann. Die Kapelle wurde am 3. 11. 1904 geweiht und dem Heiligsten Herzen Jesu eingeweiht. Dem Nachrichtenblatt Mährische Grenzböte zufolge nahmen an der Feier im Garten des katholischen Waisenhauses eine Reihe bedeutender Persönlichkeiten teil, darunter der Bürgermeister von Iglau Vinzenz Inderka, die Vorsteherin des Konvents, Theonilla Meindl, oder der Konsistorialrat, Pater Ignác Beckert, der eine Ansprache hielt und die Messe zelebrierte.
Der Architekt Wagner entwarf das Gebäude im neoromanischen Stil mit Elementen der Beuroner Kunstschule. Auf der Westseite ist es durch einen Verbindungsgang aus Fachwerk mit dem Gebäude Nr. 118 in der Straße Křížová verbunden, im Südosten führt ein weiterer Verbindungsgang zu den Häusern Nr. 116 und 117 in der Straße U Kasáren. Ein markantes Wahrzeichen ist auf der Ostseite der Kapelle ein schlankes achteckiges Sanctustürmchen, das ein pyramidenförmiges Dach abschließt. Hier war eine Glocke aus dem Jahr 1904 platziert, die während des Ersten Weltkriegs requiriert wurde.
Unter dem Niveau der Fenster des Sanctustürmchen ist sie mit einer Stuckrosette verziert, die durch ein Kreisrelief, ein sechsblättriges Maßwerk und einen sechszackigen Stern gegliedert ist. Die so konzipierte Rosette belegt den Einfluss der Beuroner Schule auf die Architektur des Bauwerks. Im Beuroner Kanon, definiert von seinem Begründer Desiderius Lenz, symbolisiert der Kreis das Leben. Das sechsseitige Blatt im Kreis symbolisiert den geometrischen Kanon der Darstellung des menschlichen Körpers und der sechszackige Stern das Geheimnis der Schöpfung. Desiderius Lenz ließ sich für seinen Kanon von den Texten des Alten und Neuen Testaments sowie von der hebräischen Kabbala inspirieren.
Den großen äußeren Einfluss des Beuroner Kunststils auf die Morphologie der Kapelle belegt auch der zweite Bauplan von Karl Wagner vom 7. 9. 1903, der das Innere des Reliefs ursprünglich als neugotische Rosette mit einem achtzackigen Maßwerk und einem Kreis in der Mitte darstellte. Unter dem Relief befindet sich eine Kartusche mit der Jahreszahl 1903–1904 und ein Medaillon mit einer Plastik des Erzengels Michael, der in eine antike Toga gekleidet ist und in der einen Hand das Schwert der Gerechtigkeit und in der anderen eine Waagschale hält. Der ursprüngliche Plan von Wagner sah hier ein Segmentfenster vor. Die Fassade wird durch eine horizontale Bandrustika im Erdgeschoss und durch ein Bossenwerk in den Geschossen gegliedert.
Der Architekt hat die Nordseite des Gebäudes sechsachsig konzipiert. Die glatte Fassade wird vom ersten Stockwerk durch ein Gesims und einen Bogenfries getrennt. Der Körper der Kapelle ist durch Pilaster und vier Segmentfenster im ersten Stockwerk gekennzeichnet, der Fassade des Treppenflügels verleiht horizontale Rustika Plastizität. Die Vorderseite gipfelt in einer niedrigen von unregelmäßigen kleinen Fenstern durchbrochenen Attika.
Im Kommunikationstreppentrakt sind Geländerbeschläge mit floralen Motiven erhalten geblieben. Die Podeste der Treppenhäuser sind mit ursprünglichen Fliesen mit geometrischen und pflanzlichen Motiven bedeckt, die typisch für die Beuroner Schule sind. Im Erdgeschoss befindet sich ein Gesellschafts-Mehrzwecksaal mit einer Theaterbühne, die mit einem Wandschirm geteilt werden kann. Der Architekt platzierte die Kapelle in den Raum über dem Saal. Sie durchdringt zwei Stockwerke. Im zweiten Stockwerk befindet sich ein Chor mit einem beschlagenen Geländer mit Pflanzenmotiven.
Das Innere der Kapelle besteht aus einem rechteckigen, flachgedeckten Kirchenschiff mit vier Segmentfenstern auf jeder Seite. An einigen Stellen sind die ursprünglichen Buntglasfenster aus Klarglas mit Lilienmotiven erhalten geblieben. Die Ostseite des Kirchenschiffs schließt ein Presbyterium in Form einer Apsis ab. Gegenwärtig (2023) ist die Kapelle weiß gestrichen und der Anstrich verdeckt die ursprünglichen Malereien im Sinne der Beuroner Schule. Die einzige bisher bekannte Information über den Autor der Zeichnungen ist der Name, der auf einer Tafel im Dachstuhl steht. Darauf ist A. Österreicher als Zeichner angeführt. Es handelt sich daher wahrscheinlich um den Autor des Entwurfs der Morphologie des Gebäudes mit Elementen der Beuroner Kunstschule.
Zeitgenössischen Fotografien zufolge befand sich in der Apsis ein Herz-Jesu-Altar mit einer Christus-Statue mit ausgestreckten Armen. Der Siegesbogen war von einem lateinischen Zitat aus dem Matthäusevangelium umsäumt, das übersetzt Folgendes bedeutet: „Kommt her zu mir, alle, die ihr mühselig und beladen seid.“ Den Anstrich führte der Autor im Beuroner Stil mit geometrischen und floralen Motiven aus. In beiden Ecken der Stirnwand des Presbyteriums war ein Engelspaar in antiken Togas abgebildet. In der Apsis sind bis heute zwei durchbrochene Rosetten mit Buntglasfenstern mit Engeln erhalten geblieben, von denen einer ein Weihrauchfass und der andere ein Ziborium festhält. Die Morphologie des Raums betonen massive Türen mit Elementen neugotischer Maßwerke. Die Füllung des Türpaars zur Sakristei und zum Verbindungstrakt des südöstlichen Flügels des Komplexes bilden Maßwerke, die sog. Nonnen.
Am 27. 9. 1950 wurden die Barmherzigen Schwestern in der Stadt Albrechtice in der Nähe von Krnov zwangsinterniert. Zur gleichen Zeit wurde das Waisenhaus geschlossen und diente ab 1953 als Internat für die Gesundheitsschule. Die Kapelle wurde als Studienraum bzw. als Speisesaal für Studenten genutzt. Erneut wurde die ursprüngliche Funktion am 3. 9. 2006 wieder aufgenommen. In der Kapelle der Herz-Jesu-Kirche fand die Einweihungszeremonie statt und das Presbyterium erhielt einen neuen Altar nach dem Entwurf des Architekten Martin Laštovička. Dieser neue Altar hat die Form eines Kreuzes aus Fichtenholz, aus dessen Mitte ein symbolischer Lichtschein heraustritt.
Das einzigartige Gepräge verleiht der gut erhaltenen Kapelle ihre Verbundenheit mit der Beuroner Kunstschule. In Mähren existiert kein anderes ähnliches Bauwerk, das mit diesem Stil verbunden ist. Der gesamte Gebäudekomplex mit der Kapelle, einschließlich der Häuser in den Straßen Křížová und U Kasáren, befindet sich seit 2004 wieder im Besitz der Kongregation der Barmherzigen Schwestern vom hl. Karl Borromäus. Es dient als Jugendheim für Studenten der mittleren Schule bei der Muttergottes und hat eine Kapazität von 61 Personen. Mit der Schule und der Herz-Jesu-Kapelle verbindet sich die Persönlichkeit des Geistlichen Bohdan Sroka (geb. 1932), Gründer und langjähriger Leiter der Schule, Mitglied der Untergrundkirche, Musiker und Autor von Kinderbüchern. Bohdan Sroka zelebriert bis heute regelmäßige Montagsmessen in der Kapelle. Im Jahr 2015 wurde das Objekt mit der Kapelle zum Kulturdenkmal erklärt.
MS