Der Architekt mit deutscher Herkunft, der in der Zwischenkriegszeit vor allem in Prag tätig war, gilt als bedeutender Vertreter einer konservativen, traditionalistisch orientierten Architektur, die er in den Positionen der Moderne, des Expressionismus sowie des Funktionalismus jedoch weiterentwickeln konnte. Er wurde in Nürnberg in edie evangelische Familie des Annaberger Apothekers geboren. Später zog die ganze Familie nach Prag, wo der Vater seinem Beruf nachging. In Pilsen absolvierte Foehr das staatliche Realgymnasium und setzte sein Studium an der Prager Kunstgewerbeschule bei Friedrich Ohmann und Jan Kotěra fort. Später schloss er sein Studium am Polytechnikum in Zürich ab, wo auch seine Praxis begann. Im Zuge seiner Praxis nahm er an zwei Architekturwettbewerben in Prag teil, bei denen er den ersten Preis gewann (Zentralgebäude der Deutschen Sparkasse und Kapelle des deutschen evangelischen Friedhofs in Strašnice). Sein Erfolg führte ihn für immer nach Prag, wo er 1908 im Stadtteil Holešovice sein eigenes Architekturbüro eröffnete.
Als Architekt machte sich Foehr vor allem bei der wohlhabenden deutschsprachigen Klientel einen Namen. Die meisten seiner Bauwerke befinden sich in Prag und in den Grenzstädten Děčín, Chomutov, Liberec, Lovosice, Karlovy Vary und Ústí nad Labem. Einen bedeutenden Teil seines Werks stellen Bankgebäude und Verwaltungspaläste dar, die er hauptsächlich in der zweiten Hälfte der 20-er Jahre entwarf. Mit dem Palast der Wiener Versicherungsgesellschaft Dunaj in der Straße Národní třída in Prag an erster Stelle zeigen diese Bauwerke den ausgeprägten Sinn des Architekten für Monumentalität, seine Arbeit mit Werkstoffen sowie seine Tendenz, die Gebäude in horizontale Streifen zu gliedern. Der Übergang vom klassischen Ausdruck der Fassaden zum Funktionalismus gipfelt im Prager Kaufhaus Brandejs, bei dem der Architekt eindeutig dem Ausdruck des Breslauer Kaufhauses Pettersdorf vom Berliner Architekten Erich Mendelsohn folgte. Foehrs Planungsbüro war in der Zwischenkriegszeit eines der produktivsten. Im umfangreichen Bauwerksverzeichnis nehmen neben öffentlichen Gebäuden auch Familienvillen (Blochs Villa in Prag, Seidners Villa in Iglau) und Mietshäuser, von denen in Praha-Holešovice etwa fünfzig zu verzeichnen sind, einen bedeutenden Teil ein.
Außerdem war Foehr in Prag auch politisch aktiv. Bereits ab 1921 war er Mitglied der technischen Kommission des Prager Stadtrats und in den Jahren 1927 bis 1938 gehörte er der Vertretung der Deutschdemokratischen Freiheitspartei an. Gleichzeitig war er Mitglied der Vereinigung Schlaraffia. Nach dem Münchner Abkommen zog er mit seiner Familie nach Karlovy Vary, kehrte jedoch bald wieder nach Prag zurück, um zusammen mit Franz Hruschka seinen letzten Auftrag, ein Mietshäuserblock namens Klein-Berlin (Malý Berlín) für die Deutsche Baugenossenschaft der Bank- und Sparkassenbeamten, zu vollenden. Im Jahr 1942 beantragte er die Erlaubnis, nach Deutschland zurückzukehren, was er jedoch nie tat. Im folgenden Jahr starb er an den Folgen einer Hirnblutung und Herzschwäche.
LVo
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Architekt
Adolf Foehr -
Geburtsdatum
20. 6. 1880 Nürnberg -
Todesdatum
7. 10. 1943 Prag
Kapelle des deutschen evangelischen Friedhofs in der Straße Vinohradská třída, Praha-Vinohrady, 1912
Palast der Böhmischen Bank Union (Česká banka Union), Horní náměstí 407/27, Olomouc, 1912–1913
Blochs Villa, Ukrajinských hrdinů 473/4, Praha-Bubeneč, 1921
Villa des Direktors Müller, Terezínská 485/68, Lovosice, 1921
Mietshaus, Bubenská 1160/13, Praha-Holešovice, 1922, Mitautor K. T. Bach
Mietshäuser, U Smaltovny 1210/2, 1211/4, 1157/6, Praha-Holešovice, erste Hälfte der 20-erJahre
Palast der Zentralen Sozialversicherungsanstalt, Křížová 1292/25, Praha-Smíchov, um 1925
Villa von Louis und Anna Seidner, Legionářů 1460/24, Jihlava, 1925–1926
Palast des Genossenschaftlichen Großhandelsunternehmens (Velkonákupní společnost družstev), Těšnov 1163/5, Praha-Nové Město, 1926–1927
Palast der Wiener Versicherungsanstalt Donau, Ecke der Straßen Spálená und Purkyňova 74/2, Praha-Nové Město, 1928
Palast der Wiener Versicherungsanstalt Donau, Ecke der Straßen Národní třída 138/10 und Voršilská 138/14, Praha-Nové Město, 1929
Palast der Wiener Versicherungsanstalt Donau, Soukenné náměstí 121/1, Liberec-Perštýn, 1928
Palast der Versicherungsanstalt Securitas, Vodičkova 681/18, Praha-Nové Město, 1930
Mietshäuser für die Rentenanstalt Penzijní ústav Poldovy huti, Šimáčkova 1378/2, 1379/4 und U Smaltovny 1380/24, Wende der 20-er und 30-er Jahre
Palast der Firma Phillips, Karlovo náměstí 325/7, Praha-Nové Město, 1931
Kaufhaus Brandejs, Provaznická 397/13, Praha-Nové Město, 1930–1932
Mietshaus, Veverkova 1229/9, Praha-Holešovice, 1933
Wohnhäuserblock, Klein-Berlin (Malý Berlín), U Smaltovny 1337/20 und 1334/22, Praha-Holešovice, 1937–1940, Mitautor Franz Hruschka
Literatura:
Adolf Foehr, Bauten und Entwürfe aus fünfundzwanzig Jahren, Praha 1934.
Zdeněk Lukeš, Splátka dluhu. Praha a její německy hovořící architekti 1900–1938, Praha 2002, s. 42–52.
[PV] Pavel Vlček, heslo Adolf Foehr, in: Pavel Vlček (ed.), Encyklopedie architektů, stavitelů zedníků a kameníků v Čechách, Praha 2004, s. 178–179.
Jan Sedlák (ed.) a kolektiv, Slavné vily kraje Vysočina, Praha 2008, s. 90–93.
Alfons Adam, Ein Nürnberger im Prager Stadtrat. Adolf Foehr (1880–1943) – Architekt und Kommunalpolitiker in der Ersten Republik, in: Jiří Pešek – Václav Ledvinka – Olga Fejtová, Ztracená blízkost: Praha – Norimberk v proměnách staletí, Praha 2010, s. 681–694.
Ostatní zdroje:
Lenka Kerdová, Pražská meziválečná architektura německy mluvících architektů, nepublikovaná dizertační práce Ústavu pro dějiny umění Filozofické fakulty Univerzity Karlovy, Praha 2020, s. 69–97.
https://www.biographien.ac.at/oebl/oebl_F/Foehr_Adolf_1880_1943.xml;internal&action=hilite.action&Parameter=foehr, vyhledáno 2. 10. 2022.
LITOMĚŘICE///LEITMERITZ - architektura na severu Čech (litomerice-leitmeritz.net), vyhledáno 2. 10. 2022.
Jeden z nejplodnějších projektantů v meziválečném Československu Adolf Foehr zemřel v Bohnicích | Design | Lidovky.cz, vyhledáno 2. 10. 2022.