Nachkriegsjahre im Sozialismus und neue Wohnsiedlungen – 1945–1989

   

Der Wohnungsbau in der Zeit vom Ende des Zweiten Weltkriegs bis 1989 wird gewöhnlich mit dem sozialistischen Grau der vorgefertigten Plattenbausiedlungen verbunden. Bei näherem Hinsehen sind jedoch auch in Iglau viele bemerkenswerte Gebäude zu entdecken. Der Rückgang im Bauwesen, der während des Zweiten Weltkriegs begann, setzte sich bis in die 40-er Jahre fort. Vorrangig mussten die Produktion und der Verkehr wiederhergestellt werden. Auch der verfallene Teil des Wohnungsbestands musste saniert werden. Eine einzigartige interessante Realisierung von Wohnhäusern in Iglau nach dem Krieg ist das Doppelhaus der Eisenbahnarbeiter in der Straße Bezručova und als Vertreter des privaten Wohnens auch die Villa in der Straße Fritzova Nr. 25 – beide sind die Werke des Architekten Cesar Grimmich aus den späten 40-er Jahren.

Eine Änderung in der neuen, staatlich gesteuerten Bautätigkeit war durch den so genannten ersten Fünfjahresplan vorgegeben, der von Anfang 1949 bis 1953 lief. Bereits die Entwicklung vor dem Krieg zeigte deutlich, dass eine geregelte Steuerung des baulichen Wachstums der Stadt dringend notwendig war. Verkehrstechnisch wurde die Stadt durch die neue Umgehungsstraße geprägt, die den Hauptverkehr von Brünn aus der Innenstadt und von der zu engen und tief liegenden alten Brücke ableitete und ab 1956 über die neue Brünner Brücke entlang der Stadtmauern nach Süden führte. Vor ihr wurde 1952 die neu errichtete Brücke Znojemský most gebaut, die zur Hauptstraße nach Třebíč und Znojmo führte. Im Jahr 1957 genehmigte der Kreisnationalausschuss schließlich den so genannten Raumordnungsrichtplan. Ab 1950 arbeiteten die Mitglieder der staatlichen Projektionsorganisation Stavoprojekt Jihlava daran, die in der Stadt 1949 als Zweigstelle von Stavoprojekt Brno gegründet wurde. Der Plan basierte auf den Erkenntnissen des Regulierungsplans, der in den 30-er und 40-er Jahren mit Unterbrechungen von dem herausragenden Brünner Architekten Bohuslav Fuchs erstellt wurde.

Im Entwicklungsgebiet der Stadt um die verlängerte Straße Vrchlického wurde kurz nach dem Krieg ein öffentlicher Auftrag für das Regionale Gesundheitszentrum – das Gesundheitshaus – nach einem Projekt des Architekten Oldřich Liska aus Hradec Králové fertiggestellt. Es ist ein bemerkenswertes Beispiel für die spätfunktionalistische Architektur der 40-er Jahre. In der ersten Hälfte der 50-er Jahre, in der die tschechoslowakische Architektur vom sozialistischen Realismus geprägt war, entstanden das Gebäude des Staatlichen Schülerheims des Architekten Jiří Herzán aus Třebíč, das Gebäude des Bezirksnationalausschusses (heute Sitz der Polizei) oder der Kultur- und Erholungspark mit einem Amphitheater und einer Bühne von 1951 im Herzen des Waldparks Heulos.

Die grundlegende ideologische Aufgabe der gesamten kommunistischen Ära wurde das Wohnen. Dem Gesundheitshaus folgte 1954 der Bau der ersten Wohnsiedlung in Iglau auf dem Gelände des stillgelegten Truppenübungsplatzes in der Straße Vrchlického. Bei der Wohnsiedlung I wurde noch die traditionelle Mauerwerkstechnik verwendet. Die Verzierung der Fassade und der Attika im volkstümlichen Geist brachte das Programm des sozialistischen Realismus deutlich zum Ausdruck. Bereits ab den Anfängen in der Zwischenkriegszeit umfasste die theoretische Konzeption des Massenwohnungsbaus auch die Forderung nach öffentlichen Einrichtungen, Schulen, Läden und Gesundheitseinrichtungen. Im Rahmen des Baus der ersten Wohnsiedlung wurden deshalb Ende der 50-er Jahre die Evžen-Rošický-Grundschule und der Kindergarten in der Straße Erbenova sowie Anfang der 60-er Jahre die Turnhalle mit Schwimmbad des Turnvereins TJ Spartak errichtet. Das Gelände der ersten Wohnsiedlung mit angeschlossener Infrastruktur wurde vom Architekten Jan Řídký von Stavoprojekt Jihlava entworfen. Derselbe Autor entwarf auch die bautechnisch anspruchsvolle Überdachung der Eissporthalle Horácký zimní stadion, die das Eingangsgebäude in der Straße Tolstého aus der zweiten Hälfte der 50-er Jahre architektonisch belebte. Das bedeutendste öffentliche Gebäude der gesamten sozialistischen Periode in Iglau ist zweifellos das Gebäude des Kulturhauses der Revolutionären Gewerkschaftsbewegung (ROH), das nach dem Projekt der Eheleute Machonin gebaut wurde. Die Konzeption des Gebäudes war in der Tat großzügig und dermaßen innovativ, dass sie eine imaginäre Zäsur zwischen dem Wohnungsbau der 50-er und 60-er Jahre in Iglau darstellt.

Wie in anderen Städten begann auch in Iglau zu Beginn des sechsten Jahrzehnts des 20. Jahrhunderts eine neue Phase des Massenwohnungsbaus. Sie brachte den massivsten Wohnungsbau in der Geschichte der Stadt mit sich, erweiterte ihre Grenzen und veränderte erheblich ihren städtischen Charakter. Die neue Technologie der Trockenmontage von vorgefertigten Plattenblöcken sollte die Bauproduktion beschleunigen und verbilligen und mengenmäßig reichte sie tatsächlich aus, um den dringendsten Bedarf an Wohnungen innerhalb von drei Jahrzehnten zu decken. Andererseits hatte sie auch ihre Nachteile. Eine davon bestand wahrscheinlich in der lockeren städtebaulichen Struktur, die in starkem Kontrast zum kompakten Charakter der älteren Stadtteile stand und die andere wiederum in der stereotypen Wiederholung der gleichen Häuser auf dem gesamten Gebiet. Bis 1969 wurden drei weitere große Wohnsiedlungen in der Stadt gebaut – die Wohnsiedlung II in der Nähe des Hauptbahnhofs, die Wohnsiedlung III in der Nähe des Zentralfriedhofs und schließlich die Wohnsiedlung Jihlava-jih, deren erster Teil nach der angrenzenden Straße U Pivovaru genannt wird und deren zweiter Teil sich entlang der Straße Telečská erstreckt. In der Straße Žižkova wurde zum ersten Mal der modulare Plattentyp T06B erprobt, der später bis Ende der 80-er Jahre massenhaft in vielen weiteren Wohnsiedlungen in unserem Land eingesetzt wurde.

Alle Wohnsiedlungen in Iglau wurden nach den Planungsunterlagen des hiesigen Stavoprojekt gebaut, der die Schirmherrschaft über den Wohnungsbau im gesamten Bezirk hatte. Die fünfte Wohnsiedlung Královský Vršek wurde nach ihrer Lage am Hang oberhalb des Flusses Jihlava benannt, wo sie nahtlos an die Wohnsiedlung II anschließt. Das Projekt des nicht großen Blocks mit 526 Wohnungen wurde in den Jahren 1965 bis 1966 vom Architekten Zdeněk Gryc erarbeitet und bis 1973 unter der Leitung von Jiří Herzán realisiert. Zur gleichen Zeit wurden bereits die Unterlagen für den Bau der größten Wohnsiedlung in Iglau vorbereitet, Březinovy sady (ehemals Semiluky).

Im Rahmen des Baus des inneren Rings wurde ab 1968 der zweite Teil der Verbindungsstraße fertiggestellt, die an der Stelle des ehemaligen Fußgängerwegs V Důlkách entlang der Stadtmauern zur Straße Dvořákova und der angrenzenden Straße Jiráskova führte. Diese Verlängerung erforderte den Abriss eines ganzen Bezirks der alten Bebauung, weshalb sich der Bau bis zum Jahr 1972 hinzog. Der Teil der Umgehungsstraße durch die Wohnsiedlung Březinovy sady, der die nach Brünn führende Straße mit der Richtung nach Prag verband, wurde in den späten 60-er und frühen 70-er Jahren gebaut. Die grundlegende Erneuerung des Bebauungsplans für Iglau wurde von Jiří Jirmus, dem Stadtplaner aus Stavoprojekt Jihlava, 1986 entworfen. Der wohl wichtigste Beitrag seines Plans war die Verbindung des Autobahnzubringers im Norden der Stadt mit der Straße Znojemská im Süden. Der Plan von Jirmus setzte sich durch und befand sich noch bis vor kurzem schrittweise in Bau. Von den späteren öffentlichen Bauwerken führt der Pfad des Iglauer Architekturhandbuchs zum Gebäude des Sekretariats des Bezirksnationalausschusses
der Kommunistischen Partei der Tschechoslowakei des Architekten Zdeněk Gryc mit dem späteren Anbau des Hauses der politischen Bildung von Zdeněk Baueršíma in der Straße Tolstého.

In den Jahren 1975 bis 1980 entstand rund um die Straße S. K. Neumanna eine kleine Plattenbausiedlung Na Dolině mit sehr ähnlichen siebenstöckigen Häusern. Zwischen den Jahren 1975 und 1988 wurde im ehemaligen Vorort Brtnické předměstí auch die Großwohnsiedlung Na Slunci gebaut, deren städtebaulicher Entwurf von Josef Juda und Jana Fousková von Stavoprojekt Jihlava stammt. Eine weitere Plattenbausiedlung Horní Kosov, welche die weiträumige Fläche westlich der Straße Rantířovská bis zur Siedlung Na Dolině ausfüllen sollte, wurde nach der Samtenen Revolution nicht mehr fertiggestellt. Der politische Umbruch machte auch die Pläne für die weitere geplante Wohnsiedlung Bedřichov im nördlichen Teil der Stadt zunichte.

JL

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