Sakraler Pfad aus den Anfängen der Stadt

 

Der Pfad von drei Kirchen im Zentrum von Iglau ist nicht lang. Umso interessanter ist die zeitliche Tiefe, in die er uns führt. Diese Zeitzeugen der frühen Jahre der Stadtgründung sind in einer Hinsicht einzigartig. Fast gleichzeitig wurden hier nämlich drei monumentale Bauten in verschiedenen Stilen errichtet. Sie belegen damit eindeutig, dass der Baustil auch im Mittelalter nicht streng an eine bestimmte Zeit gebunden war. Die entscheidende Rolle spielte nämlich der Wunsch des Auftraggebers. Der grundlegende Ausbau der drei Kirchen erfolgte ungewöhnlich schnell, innerhalb weniger Jahrzehnte. Und warum war dem so?

 
Kurz vor 1240 war der Ort inmitten der tiefen Wälder an der böhmisch-mährischen Grenze noch sehr dünn besiedelt. Der Fund von Lagerstätten mit Silbererz an den Ufern des Flusses Jihlava änderte dies jedoch schnell. Die Aussicht auf schnellen Gewinn lockte bald eine Menge von Abenteurern und Bergbauunternehmern an, und so entstand spontan eine Bergbausiedlung, die schnell wuchs. Mit dem Fund von Silber gingen die Grundstücke in den Besitz von Grundherren über, so dass die Gründung der neuen Stadt direkt von der königlichen Kanzlei organisiert wurde. Innerhalb eines halben Jahrhunderts entstand hier eine der reichsten Städte des böhmischen Königreichs.
 
Der Grund für die beispiellos rasche Entwicklung war die versilberte Gewissheit der zukünftigen Prosperität. Gleich in den Anfängen der Stadt kamen auch zwei Mendikantenorden hierher, was zu dieser Zeit nicht ganz üblich war. Der Lebensunterhalt der Bettelmönche, der durch die Gepflogenheiten ihres Ordens gegeben war, hing nämlich weitgehend von den Almosen der Bürger ab. So ließen sich die Mendikanten in der Regel erst in den etablierten, wohlhabenderen Städten nieder. Die Aussicht auf eine bedeutende Stellung motivierte wohl auch die Prämonstratenser aus dem Kloster in Želiv, sich das Patronatsrecht über die Pfarrkirche in Iglau zu sichern. Um dieses Recht stritten sie sich dann mit den Iglauer Bürgern jahrzehntelang; noch im Jahr 1400 musste sogar der Papst diesen Streit schlichten.
 
Es scheint, dass die städtebauliche Anordnung der Bebauung in Iglau von Anfang an eine bestimmte Ordnung hatte. Das Gelände des Flussausläufers bestimmte in gewissem Maße die künftige Lage der Stadtgrenze und ihre Befestigung. Der Standort für die Gründung des Minoritenklosters wurde an der westlichen Seite der Stadt in nächster Nähe der Stadtmauern gewählt. Wahrscheinlich kamen wenig später die Dominikaner in die Stadt und erhielten ebenfalls ein an die Stadtmauern angrenzendes Grundstück für den Bau ihres Klosters im Nordosten der Stadt, an der Stelle einer älteren Siedlung. Der Bau der Pfarrkirche erhielt schließlich einen Platz auf dem Ausläufer bei der Stadtmauer. Es war eine Baustelle, die durch den Hang zum Fluss Jihlávka gut geschützt war und gleichzeitig günstig in der Nähe des Stadtzentrums lag.
 
Die beiden Klosterkirchen in Iglau, die Minoriten- sowie die Dominikanerkirche, gehören zu den ältesten Bauwerken der Mendikanten nördlich der Alpen. Sie entstanden nur zwei Jahrzehnte nach dem Tod der Gründer beider Orden, Franz von Assisi und Dominikus. Das verbindende Element aller drei Kirchen in Iglau stellt das deutlich verlängerte Presbyterium dar. Zu einer Zeit, in der die Regeln für die Bauten der Mendikanten noch nicht genau definiert waren, ließen sie sich wahrscheinlich von der Architektur der geistlich verwandten Zisterzienser inspirieren, in deren Kirchen der Bereich der Presbyteriums bei der Messe den Mönchen und der angrenzende dreischiffige Bereich den Laien gehörte. Die Tatsache, dass diesen Grundriss auch das Presbyterium der Pfarrkirche in Iglau hat, kann vielleicht damit in Verbindung gebracht werden, dass in den Anfängen ihres Baus die Prämonstratenser das entscheidende Wort hatten.
 
Der Minoritenorden, der sich zu asketischer Einfachheit und Schlichtheit bekannte, verlangte offenbar einen sehr konservativen Charakter des Baus, der noch an die ausklingenden romanischen Tradition anschloss. Das Interessante an dem Bau in Iglau besteht darin, dass er gegen einige Punkte der Minoritenregel für Architektur verstößt. Der kleine Turm über der Kreuzung der Schiffe und die Wölbung des dreischiffigen Bereichs sind jedoch nicht auf eine Rebellion zurückzuführen, sondern vielmehr darauf, dass die strengen Regeln erst später von den Vorstehern dieses Ordens festgelegt wurden.
 
Die Gründung des Dominikanerklosters in Iglau ging wahrscheinlich auf die Initiative des königlichen Beraters, des Bischofs von Olmütz Bruno von Schauenburg zurück. Dies mag einer der Gründe für den unterschiedlichen Bauauftrag gewesen sein, dessen großzügige Konzeption den modernsten Formen der damaligen Gotik entsprach. Die wundersame Entdeckung von Silberlagerstätten bedeutete sicherlich einen erheblichen Auftrieb für das Selbstbewusstsein des böhmischen Königs.
 
Als sie noch unter der Leitung des Klosters in Želiv stand, wurde die dritte der mittelalterlichen Kirchen in Iglau, die St.-Jakobus-Pfarrkirche, anfänglich auf eine traditionellere Weise gebaut. Mit dem wachsenden Einfluss des Iglauer Bürgertums änderte sich jedoch auch der Baustil, der darum bemüht war, die Fähigkeiten der in der Stadt anwesenden dominikanischen Eisenwerke zu nutzen. Das hohe kulturelle Niveau der Einheimischen zeigte sich am deutlichsten im 14. Jahrhundert bei der Fertigstellung des Innenbereichs der Kirche und ihrer bildhauerischen Ausstattung.
DN

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