Die Gründung der unabhängigen Republik stellte einen bedeutenden Meilenstein dar, der nicht nur die Zivilgesellschaft und die wirtschaftlichen Beziehungen in Bewegung brachte, sondern auch eine massive Entwicklung des Bauwesens anregte. In Iglau schuf der neue tschechoslowakische Staat in den 20-er und 30-er Jahren die Voraussetzungen für mehrere bedeutende Bauaufträge für staatliche Einrichtungen. Öffentliche Bauwerke wurden ausschließlich an tschechische Architekten vergeben, während die Bauherren im deutschen Umfeld weiterhin unter den deutschsprachigen Baumeistern und Architekten wählen konnten. Die Trennung der Bauaufträge nach der Sprachbestimmung war ein Beweis für die wachsende nationale Rivalität in der Region Iglau während der gesamten Zwischenkriegszeit. Gleichzeitig bemühte man sich Anfang der 20-er Jahre auch in Iglau um einen nationalen Stil, der den Bauwerken der neuen Republik einen klar erkennbaren Ausdruck mit einer gewissen nationalistischen Ladung verleihen sollte. Jaroslav Dufka, der Autor des Entwurfs für das Gespanschaftshaus der Legionäre (Župní legionářský dům) in der Hauptallee beim Stadtbahnhof, wählte beispielsweise für dieses repräsentative Gebäude typische rondokubistische Elemente des„Nationalstils“ nach dem Vorbild der Prager Bauwerke von Josef Gočár und Pavel Janák. Die gesellschaftliche Bedeutung des Gebäudes, „das die Menschen in der Region Iglau stärken wird“,wurde auch von Präsident T. G. Masaryk bestätigt, als er 50.000 Kronen für den Bau des Legionärshauses spendete.
Auch die lang erwartete Eröffnung der ersten selbständigen tschechischen Schule in Iglau 1925 in der Straße Havlíčkova wurde mit Ovationen begrüßt. Der Architekt Jaroslav Oplt lehnte sich hier an die monumentale konservative Form der Moderne an. In den 20-er Jahren wurde bei der Vergabe von Aufträgen für staatliche und öffentliche Gebäude allmählich ein ausgeprägter architektonischer Stil angewandt, der sich auf den Wagnerschen Modernismus stützte. In diesem klassizisierenden und zugleich puristischen Stil wurden der neue chirurgische Pavillon auf dem Gelände des Allgemeinen Krankenhauses vom Architekten Karel Roštík, das Gebäude der neuen Escompte-Bank in der Straße Palackého Nr. 53 oder das bedeutende Gebäude der Masaryk-Jubiläumsschulen in der Straße Žižkova vom Prager Architekten Alois Mezera entworfen. Das Bevölkerungswachstum führte zu einer raschen Entwicklung der Vororte zu zusammenhängenden Wohnvierteln. Um die Regulierung des Städtebaus kümmerte sich in begrenztem Umfang das Iglauer Stadtamt, das ab der zweiten Hälfte der 30-er Jahre diese Aufgabe noch konsequenter übernahm.
In den 30-er Jahren begann sich in Iglau der Funktionalismus unübersehbar durchzusetzen, der vor allem von jüngeren Architekten aus Brünn angewandt wurde. Ihre Entwürfe zeichnen sich durch eine Funktionalität aus, welche die Form und den zivilen Ausdruck ohne den Anspruch auf Monumentalität vorgibt. So auch das Postgebäude von Miloslav Kopřiva, für das der Architekt einen Platz neben dem Gebäude des Hauptbahnhofs in Bedřichov fand. Ein gesellschaftlich bedeutsames Unternehmen war der rein funktionalistische Neubau des Gebäudes der Turnbewegung Sokol an der Ecke der Straßen Tolstého und Tyršova nach einem Entwurf von Bohuslav Fuchs. In den folgenden Jahren arbeitete der Brünner Architekt an mehreren weiteren Projekten in Iglau, darunter das Konzept für die Entwicklung des Allgemeinen Krankenhauses mit dem Bau des Wirtschaftspavillons und eine Reihe weiterer Gebäude, von denen viele bloß auf dem Papier blieben. Bohuslav Fuchs war 1937 auch bei einer öffentlichen Ausschreibung für den allgemeinen Regulierungsplan für Iglau erfolgreich, von dem wegen des anbrechenden Kriegs jedoch nichts mehr verwirklicht wurde. In den 30-er Jahren entwickelte sich vielversprechend das Gelände der psychiatrischen Klinik oberhalb der Brünner Brücke in moderne und funktionale Pavillons, die von dem Brünner Team Vladimír Kožíšek und Bohumil Šel entworfen wurden. Der ebenfalls aus Brünn stammende Architekt Bedřich Rozehnal vervollständigte hier den Zwischenkriegsbau mit dem Entwurf eines funktionalistischen Wirtschaftspavillons. In der Straße Palackého konnte noch vor dem Krieg ein Mietshaus mit dem Café Slavia vom Brünner Baumeister Antonín Pisinger entstehen, das sich an funktionalistischen Vorlagen orientiert. Der erfindungsreiche moderne Ausdruck der Bauwerke wurde nach und nach auch von vielen lokalen Autoren übernommen, zum Beispiel von den Baumeistern Jindřich Knorr, August Třeček oder Rudolf Janko, von dem das Projekt der puristischen Mühle in Bedřichov stammt.
Was die Bauwerke aus der Zeit des Protektorats betrifft, so wurde am östlichen Hang des Waldparks Heulos das alleinstehende Gebäude des Hitler-Jugendheims errichtet, das 1944 in eine nationalsozialistische Eliteschule umgewandelt wurde. Der ursprüngliche Entwurf von F. G. Winter von 1939 wurde offenbar nicht umgesetzt, erst später wurde ein neues dreiflügeliges Gebäude in dem von den Nazis bevorzugten„Heimatstil“ nach dem Projekt des Berliner Architekten Helmut Weber realisiert. Der Architekt und Professor an der Deutschen Technischen Hochschule in Brünn Emil Leo war 1939 an der Konzeption einer neuen Wohnsiedlung im Vorort Brtnické předměstí beteiligt und im selben Jahr entwarf er einen Entwurf für den Umbau des Theaters in Iglau in der Straße Komenského. Im Jahr 1940 zeichnete der Ingenieur Emil Leo in einem Übersichtsplan eine Straßenverbindung von Iglau zu der im Bau befindlichen Autobahn (der heutigen Autobahn D1) ein. Der Zubringer führt von Norden, von der Autobahn, nach Süden nach Znojmo, sowohl durch den äußeren Ring auf beiden Seiten der Stadt, als auch durch die Hauptstraße durch den historischen Kern von Iglau. Emil Leo fügte in den neuen Regulierungsplan auch die Verkehrsunterlagen ein, in dem er die Bauflächen in konzentrischen Kreisen um das Stadtzentrum in alle Richtungen festlegte, mit Ausnahme der bewaldeten Teile von Heulos und Březinovy sady. Aufgrund des fortschreitenden Krieges wurde von seinem Projekt jedoch nicht mehr viel realisiert.
JL
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Beginn der Route
Havlíčkova 5100/124 -
Erstes Objekt
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Autor
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GPS
49.4150864N, 15.5987672E