Bereits vor dem Amtsantritt des Bürgermeisters von Iglau, Vinzenz Inderka (1855–1934), erwog der Stadtrat einen öffentlichen Straßenbahnverkehr. Inderka wies 1904 erneut auf die Notwendigkeit einer Verbindung hin. Mit der Eröffnung des neuen Bahnhofs war es notwendig den Fahrgästen die Beförderung ins Stadtzentrum zum weniger als drei Kilometer entfernten Hauptplatz zu ermöglichen. Zur Unterstützung des Projekts schrieb damals das Iglauer Volksblatt: „Iglau will auch eine eigene Eisenbahn, wenn kleinere Städte in der Monarchie eine haben können.“
Ein Jahr später machte sich der Stadtrat mit dem Entwurf für eine Dampfeisenbahn vertraut. Er wurde jedoch von der Elektrizitätswerkskommission abgelehnt, ebenso wie zwei weitere Entwürfe mit einer Spurweite der Gleise von 1.435 mm. Im Jahr 1906 genehmigte der Stadtrat eine Variante der Schmalspurbahn mit einer Spurweite von 1.000 mm nach dem Entwurf von Friedrich Ross. Der Stadtrat beschloss, dass diese Schmalspurbahn nur für den Personenverkehr genutzt werden sollte und dass ein Elektrizitätswerk gebaut werden sollte, um die gesamte Strecke mit Strom zu versorgen. Der neue Plan sah auch den Bau eines Depots für Straßenbahnwagen vor. Die Bauarbeiten begannen im Juni 1907. Die Stadt erhielt dafür von der Deutschen Sparkasse in Prag ein Darlehen in Höhe von 1 Million Kronen. Die Errichtung der Einschienenbahn kostete 300 Tausend Kronen, der Bau des Elektrizitätswerks 500 Tausend Kronen.
An der Realisierung des Projekts waren zwei Wiener Unternehmen beteiligt. Leo Arnoldi baute die Strecke und die AEG Union sorgte für die Stromleitungen und die Lieferung der Wagen. Das Projekt des Gebäudes des Elektrizitätswerks wurde wahrscheinlich von der Baubehörde geliefert, die damals von Johann Schlögl, dem Oberingenieur der Baubehörde, geleitet wurde. Der Entwurf für die Fassade wurde von Kajetán Malnati erstellt. Im Jahr 1908 wurde in der Nachbarschaft des Elektrizitätswerks in der Straße Havlíčkova ein Depot gebaut.
Der Bau der Straßenbahn war auch mit dem Bau der neuen Brücke U Jánů verbunden. Die ursprüngliche Holzbrücke wurde abgerissen und durch eine robuste Brücke nach einem Entwurf von 1908 mit einer Tragkonstruktion aus Stahlbeton und Stahlgeländer ersetzt, die von Josef Melan (1853–1941) und Konrad Kluge (1878–1945) entworfen wurde. Melan nutzte sein eigenes Patent von 1892 – er verwendete feste Fachwerkträger aus Stahl anstelle der ursprünglich verwendeten Betonbewehrung. Lieferant für den Bau war die Firma Pittel & Brausewetter.
Die Länge der Überbrückung beträgt 43 m. Die Tragkonstruktion besteht aus zwei Bögen mit einem Stützpfeiler, der mit einem Jugendstilelement verziert ist. Der Brückenbalken, der mit achtzehn Längsträgern verstärkt ist, trägt drei Betonpfeiler. Sie sind durch ein Stahlgeländer verbunden, dessen Form das Dekor der Säule ergänzt.
Vor der Inbetriebnahme wurde die Brücke einem Belastungstest in Form eines Haufens abgeladener Ziegelsteine unterzogen und es erfolgte eine Probefahrt. Am Vormittag des 26. August 1909 standen bereits zwei festlich geschmückte Wagen auf dem Hauptplatz am Krecl und die ersten Fahrgäste konnten die Eröffnungsfahrt erleben. Unter der Teilnahme von Hunderten von Einwohnern von Iglau wurde somit der Verkehr mit elektrischer Straßenbahn eingeweiht.
Acht Haltestellen lagen an der 2.734 Meter langen Strecke, die ursprünglich mit drei Weichen ausgestattet war: Severozápadní nádraží, Dřevěné mlýny, Jatky, Elektrické podniky, Josefské náměstí (heute náměstí Svobody), Schillerova (heute Komenského) und Hlavní náměstí (heute Masarykovo náměstí). Für den Bau einschließlich der Einfahrt ins Depot wurden 3.102 Meter Schienen verbraucht. Das gabelförmige Ende der Strecke wurde 1934 durch eine Gleisschleife mit einer Abzweigung zum Fahrkartenschalter an der Stelle des Hauptbahnhofs ersetzt. An der Endhaltestelle Masarykovo náměstí wurde die Weichstelle erweitert. Die Anzahl der auf der eingleisigen Strecke verwendeten Weichen erhöhte sich auf zehn. Die Beförderung vom Bahnhof zum Platz Masarykovo náměstí dauerte 14 Minuten, der Fahrplan richtete sich nach den Abfahrts- und Ankunftszeiten der Züge. Die Bahn wurde hauptsächlich von Gästen genutzt, die mit dem Zug anreisten. Für normale Fahrten in der Stadt war die Bahn nicht sehr praktisch.
Die Stadt Iglau erhielt eine Konzession für den Betrieb der Straßenbahnlinie für neunzig Jahre ab 1909. Die Bahn war jedoch nur 39 Jahre lang in Betrieb. Im Jahr 1945 beschloss der Stadtrat die Straßenbahnlinie aufgrund ihrer technischen Unzulänglichkeit und ihres hohen Verschleißes durch den Obusverkehr zu ersetzen. Von der letzten Straßenbahn verabschiedeten sich die Einwohner von Iglau am 12. November 1948 und am 19. Dezember desselben Jahres fuhren auf der gleichen Strecke die ersten vier Oberleitungsbusse der VETRA-ČKD los. Die Stadt Iglau hat vor kurzem einen Iglauer Straßenbahnwagen in ihren Besitz erworben, der anschließend zu einem beweglichen Kulturdenkmal geworden ist.
MP
Literatura:
Jan Bajer - Viktor Novák - Jiří Vobecký, Povídání o tramvajích, trolejbusech a také autobusech v Jihlavě 1909-2009, Ústí nad Labem 2009.
Vlastimil Svěrák, Renata Pisková, Petr Dvořák, Jiří Jelínek, Nikdy zcela neodešli: Jihlavští Němci (kat.výst.), Dům Gustava Mahlera, Jihlava 2013, s. 34-38.
Ostatní zdroje:
Státní okresní archiv Jihlava – Stavební archiv.
Jana Laubová, Architektura Jihlavy 1900–2009, nepublikovaná diplomní práce Katedry dějin umění Filozofické fakulty Univerzity Palackého, Olomouc 2009, s. 16.
Michaela Pacherová, Vybrané moderní stavby Jihlavy v kontextu estetické výchovy, nepublikovaná diplomní práce Ústavu hudební vědy FF MU, Brno 2015, s. 18-25.
Počátky MHD v Jihlavě, Jihlava, http://www.jihlava.cz/pocatky-mhd-v-jihlave/d-1702/p1=82058, vyhledáno 22. 4. 2022.
Leo Švančara, Historie Jihlavských tramvají, Iglau.cz, https://www.iglau.cz/index.php?igl=tramvaje2, vyhledáno 24. 4. 2023.